TÜV-Verband macht Druck für mehr Cybersicherheit bei Industrieanlagen

Digitalisierung und Energiewende machen dringend ein Sicherheitsupdate für industrielle Werke nötig, entnimmt der TÜV-Verband dem Anlagensicherheitsreport 2021.

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(Bild: Pongthorn S/Shutterstock.com)

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Bei industriellen Anlagen wie Maschinen und ganzen Werken muss die Cybersicherheit konsequenter mitgedacht werden. Dies betonte Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands, bei der Präsentation des Anlagensicherheitsreports 2021 am Montag. "Die verheerenden Cyberangriffe der letzten Zeit haben große Sicherheitslücken offenbart", erklärte der Branchenexperte. Durch die zunehmende Vernetzung im Internet der Dinge sei von solchen Attacken "mittlerweile fast jede technische Anlage potenziell betroffen".

Kriminelle Hacker nutzten etwa digitale Steuerungen als Einfallstor, um in sicherheitskritische Bereiche vorzudringen und enorme Schäden anzurichten, gab Bühler zu bedenken: "Das reicht von Industriespionage bis hin zur Kompromittierung von Industrieanlagen oder kritischer Infrastruktur, wie etwa Kliniken oder Kraftwerke." Bekanntestes Beispiel: der primär auf Simatic-S7-Anlagen von Siemens ausgerichtete Stuxnet-Angriff.

Dazu kämen die erhöhten Anforderungen an den Umwelt- und Klimaschutz, hob der Politikwissenschaftler hervor. Auch die Energiewende brauche daher "dringend ein Sicherheitsupdate". Dies schließe konventionelle Anlagen mit ein. Bühler zufolge bergen etwa neue Technologien rund um Windkraft, Wasserstoff, Elektromobilität und Biogas bislang wenig beachtete Risiken beim Brand- und Explosionsschutz.

Die explosionsgefährdete Anlage, mit der die Bürger am häufigsten in Berührung kommen, ist laut dem Zusammenschluss der technischen Prüforganisationen die Tankstelle. Die Anforderungen an Sicherheit und Umweltschutz seien hier hoch, weshalb die Zapfsäulenbetreiber regelmäßig kontrolliert werden müssten. Laut dem neuen Sicherheitsbericht fanden die Prüfer im vorigen Jahr nur etwa die Hälfte (45,8 Prozent) aller Tankstellen in einwandfreiem Zustand vor. 20,6 Prozent hatten sogar "erhebliche Mängel" und 0,1 Prozent "gefährliche Mängel", die für einen sicheren Betrieb beseitigt werden müssen.

Auch Explosionsgefahren, die im Industriebereich auftreten können, versuchen die Kontrolleure möglichst frühzeitig zu beseitigen. Bei immerhin 24,7 Prozent der geprüften Gasfüllanlagen haben sie 2020 erhebliche oder sogar gefährliche Mängel gefunden. Ähnlich oft ins Auge nehmen die angeschlossenen Organisationen Druckanlagen, die vor allem in Industrieunternehmen bei der Erzeugung von Energie und Prozesswärme unverzichtbar sind. Bei den wiederkehrenden Prüfungen von Druckbehältern und Dampfkesseln liegt die Quote der mängelfreien Anlagen bei etwa 80 Prozent – der Anteil erheblicher Mängel sogar unter fünf Prozent.

Entscheidend sei hier, dass Sicherheitsrisiken wie feine Risse frühzeitig erkannt und dadurch gefährliche Entwicklungen von vornherein verhindert werden, erläuterte Bühler. Selbst Druckanlagen würden zunehmend um digitale Komponenten ergänzt und im "globalen industriellen Internet of Things vernetzt". Dies bringe neue Gefahren mit sich.

Bei den gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheitsprüfungen von Aufzugsanlagen in Gebäuden beanstandeten die Kontrolleure rund 4500 solcher Transporteinrichtungen aufgrund "gefährlicher Mängel". Das entspricht 0,7 Prozent der rund 637.000 im Jahr 2020 untersuchten Anlagen. Rund 2500 davon (0,4 Prozent) konnten nicht sofort repariert werden und mussten vorläufig stillgelegt werden, um manifeste Gefahren für die Nutzer abzuwenden.

Als "Meilenstein für die technische Sicherheit" bezeichnet der Verband die im Juli erfolgte gesetzliche Neuordnung der Sicherheitsprüfungen. Für Arbeitgeber, Betreiber und Prüforganisationen habe der Bundestag mit einem eigenständigen Gesetz über überwachungsbedürftige Anlagen mehr Klarheit geschaffen. So lösten künftig bundesweit einheitliche Anforderungen an die zugelassenen Überwachungsstellen die unterschiedlichen Vorgaben aus 16 Bundesländern ab. Im nächsten Schritt müssten nun die notwendigen Verordnungen erlassen werden, um die Vorschriften in die Praxis umzusetzen.

(olb)