Mehrbeiniges Bewegungsmodell soll Roboter robuster in schwierigem Gelände machen

Mit vielen Beinen kann sich ein Roboter durch verblocktes Geände bewegen. Sensoren zur Beinsteuerung benötigt er dazu nicht.

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(Bild: Georgia Institute of Technology)

Lesezeit: 3 Min.

Ein Forschungsteam bestehend aus Physikern, Ingenieuren und Mathematikern des Georgia Institute of Technology haben ein mehrbeiniges Bewegungsmodell entwickelt, das die Fortbewegung von Robotern mit vielen Gliedmaßen ansteuert. Sie können sich mit ihren redundanten Beinen in schwierigem Gelände besser fortbewegen.

"Wenn man einen wuselnden Tausendfüßler sieht, sieht man im Grunde ein Tier, das in einer Welt lebt, die sich sehr von unserer Bewegungswelt unterscheidet", sagt Daniel Goldman, Professor an der School of Physics. Die menschliche Bewegung werde weitgehend von der Trägheit beherrscht. Ein Mensch schwingt sein Bein und setzt dabei einen Fuß nach dem anderen und bewegt sich dadurch vorwärts. Tausendfüßler bewegen sich durch das Wackeln mit ihren Körperteilen und Gliedmaßen vorwärts. Sobald sie damit aufhören, bleiben sie stehen.

Das Forschungsteam wollte herausfinden, ob sich diese Art der Fortbewegung auch in der Roboterwelt zum Vorteil anwenden lässt. Die Ergebnisse haben sie in den Studien "Multilegged matter transport: A framework for locomotion on noisy landscapes" sowie "Self-Propulsion via Slipping: Frictional Swimming in Multilegged Locomotors", die in Science beziehungsweise Proceedings of the National Academy of Sciences erschienen sind, zusammengefasst.

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Das Team hat die Theorie entwickelt, dass das Hinzufügen von Beinpaaren die Fähigkeit eines Roboters erhöht, sich robust in unwegsamen Gelände fortzubewegen. Das Konzept nennen die Forschenden "räumliche Redundanz". Sie ist dafür verantwortlich, dass Roboterbeine sich alleine erfolgreich bewegen können, ohne dass er dafür Sensoren zur Umgebungserfassung benötigt. Versagt ein Bein, so halten die anderen Beine den Roboter weiter in Bewegung. Der Roboter wird dadurch zu einem verlässlich funktionierenden System, das sich selbst und Lasten in verblockten Terrain transportieren kann.

Normalerweise seien bei einem modernen zweibeinigen Roboter dafür viele Sensoren nötig, schreiben die Wissenschaftler. "Bei Anwendungen wie der Suche und Rettung, der Erkundung des Mars oder sogar bei Mikrorobotern besteht jedoch die Notwendigkeit, einen Roboter mit begrenzter Sensorik zu steuern. Es gibt viele Gründe für eine solche sensorlose Initiative. Die Sensoren können teuer und empfindlich sein, oder die Umgebung kann sich so schnell ändern, dass die Reaktionszeit von Sensor und Controller nicht ausreichen", sagt Baxi Chon, Postdoktorand der Physik.

In einer "uneinheitlich natürlichen Umgebung" testeten die Forscher einen Roboter im Labor. Ihm spendierten sie nacheinander sechs bis 16 Beine – jeweils um ein Beinpaar erhöht. Der Roboter bewegte sich mit zunehmender Beinanzahl ohne Sensoren wendiger durch das Gelände und bestätigte damit die Theorie der "räumlichen Redundanz". Den gleichen Erfolg zeigte der Roboter auch in natürlichem Gelände bei Feldversuchen. "Während zweibeinige und vierbeinige Roboter stark auf Sensoren angewiesen sind, um komplexes Gelände zu durchqueren, nutzt unser mehrbeiniger Roboter die Redundanz der Beine und kann ähnliche Aufgaben mit offenem Regelkreis bewältigen", sagen die Wissenschaftler.

Die Wissenschaftler wollen den Roboter nun weiterentwickeln. Sie wissen zwar, warum der "Tausendfüßler"-Roboter funktioniert, haben jedoch noch nicht die optimale Anzahl an Beinen herausgefunden. Sie ist aber maßgeblich dafür verantwortlich, um eine kosteneffiziente Fortbewegung ohne Sensorik zu erreichen. Dazu müssen die Wissenschaftler aber erst den Kompromiss zwischen Energie, Geschwindigkeit, Leistung und Robustheit verstehen.

Goldman plant, diesen Roboter dann auf landwirtschaftlich genutzten Feldern einzusetzen. Dazu hat er eine Firma gegründet, die die Roboter zur ökologisch korrekten Unkrautbekämpfung einsetzen will – zumindest dort, wo Unkrautvernichtungsmittel unwirksam sind.

(olb)