Technische Spezifikation für deutsches Cell Broadcast liegt vor

Die Bundesnetzagentur hat die technische Richtlinie für "DE-Alert" vorgelegt. Der erste Entwurf ist detailliert – enthält aber keine Fristen.

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(Bild: Simone Hogan/Shutterstock.com)

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Von
  • Nico Ernst

Die vom Bundestag einstimmig beschlossene Einführung der Warnung der Bevölkerung durch die Standardtechnik Cell Broadcast macht weiterhin schnelle Fortschritte. Zum 8. Dezember 2021 hat nun die Bundesnetzagentur den ersten Entwurf der "TR DE-Alert" vorgelegt. Sie sieht die Broadcasts als "zusätzliches Warnmittel", nicht als Ersatz für Apps wie Katwarn und NINA.

Die Netzagentur war für die Erstellung der technischen Richtlinie vom Bundeswirtschaftsministerium beauftragt worden, aus diesem Haus stammt eine entsprechende Verordnung. Die Aufsicht über den Betrieb sollen die Agentur und das nun gestärkte Bundesamt für Bevölkerungschutz und Katastrophenhilfe (BBK) haben. Das Fehlen von Cell Broadcast in Deutschland war bei der Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz im Juli 2021 schmerzhaft aufgefallen.

Bei Cell Broadcast werden über das Mobilfunknetz an alle in einer Funkzelle erreichbaren Geräte Warnmeldungen in Form von Text und einem Signalton übermittelt. Die Technik basiert zwar auf SMS, anders als bei diesen Textnachrichten lassen sich Cell Broadcasts aber nicht stummschalten oder anderweitig unterdrücken. Sie erscheinen unmittelbar auf dem Display, auch wenn das Gerät sich im Stand-by befindet. Voraussetzung ist nur eingeschalteter Mobilfunk.

Die Richtlinie schreibt ausdrücklich vor, dass die Provider alle Geräte ansprechen müssen - nicht nur die ihrer eigenen Kunden. Wer also beispielsweise als Kunde von O2 gerade kein Netz hat, sich aber in Reichweite einer Zelle der Telekom befindet, erhält die Warnung von diesem Netzbetreiber. Gleiches gilt auch für ausländische SIM-Karten. Die Aussendung soll mehrfach erfolgen, die Geräte, die sie bereits erhalten haben, zeigen sie dann nicht mehr an, weil die Broadcasts eindeutige Seriennummern mit dem Kontext der jeweiligen Gefahr enthalten. Auch Kapazitätsprobleme werden so gemildert, denn die Funkzelle "weiß" ja, wie viele Geräte sie erreichen kann, aber auch, an wie viele gleichzeitig eine Warnmeldung gesendet werden kann.

Struktur des deutschen Cell Broadcast (DE-Alert) (3 Bilder)

Typen der Meldungen im deutschen Cell Broadcast
(Bild: Bundesnetzagentur)

Dazu müssen die Provider je mindestens zwei Cell Broadcast Center (CBC) unterhalten, die an das bereits existierende modulare Warnsystem MoWas angeschlossen werden. Dieses wird vom BBK unterhalten, und das ist nun auch für die angesprochenen Warngebiete zuständig. Bisher waren MoWaS-Warnungen beispielsweise über die Apps Katwarn und NINA jeweils an Landkreisen orientiert, ob das auch für Cell Broadcast gelten soll, legt die Richtlinie nicht fest. Vielmehr heißt es das System solle "basierend auf geografischen Gebieten, die in empfangenen MoWaS-Warnmeldungen ausgewiesen sind, geeignete Funkzellen dynamisch zuordnen."

Dazu soll das BBK eine "MoWaS-CBE" erstellen, eine "Cell Broadcast Entity". Diese stellt die Verbindung zu den CBC her. Für CBE gibt bereits zwei Spezifikationen des European Telecommunications Standards Institute ETSI. Sie bilden die Basis der Richtlinie für EU-Alert, die bereits 2018 für Warnmeldungen per Mobilfunk von der EU-Kommission beschlossen wurde. Das neue DE-Alert soll jetzt EU-Alert in Deutschland umsetzen.

Diese Normen zitiert die Richtlinie der Bundesnetzagentur ausdrücklich, und für die Einführung von EU-Alert gibt es kraft der EU-Richtlinie auch einen Termin, nämlich den 21. Juni 2022. Sowohl die Verordnung des Bundeswirtschaftsministeriums wie nun die Richtlinie der Netzagentur nennen aber bisher keinen Termin. Zwar findet sich gleich als erster Punkt der Agentur die Überschrift "Regelungsgegenstand und Umsetzungsfristen" - der Text verweist dann aber auch in den Fußnoten nur auf die Änderung des Telekommunikationsgesetzes und die entsprechende Verordnung des Wirtschaftsministeriums, in denen sich, wie zuvor erwähnt, kein Termin findet. Damit haben sich die Behörden zwar mit der Vorarbeit sehr beeilt, warten aber offenbar noch auf zeitliche Ansagen der neuen Bundesregierung.

(nie)