Telecom-Paket: Kommission schlägt Kompromiss vor

Mit mehreren Kompromissvorschlägen zum umstrittenen Telecom-Paket will die EU-Kommission die Beratung des Ministerrats über Änderungswünsche des Parlaments beschleunigen.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Die EU-Kommission hat Mitte November mehrere Kompromissvorschläge für das sogenannte Telecom-Paket vorgelegt. Vor einem Jahr hatte sie die Novellierung des Telekommunikationssektors mit mehreren Richtlinienvorschlägen angestoßen, die von mehreren Ausschüssen im Europäischen Parlament jedoch erheblich geändert wurden. Der Telekommunikations-Ministerrat tritt bereits am 27. November noch unter französischer Ratspräsidentschaft zusammen, um über die Parlamentsvorschläge zu beraten. Die Kompromissvorschläge der Kommission sollen den Beratungsprozess beschleunigen. Die Kommission nimmt dabei von ihrem Hauptprojekt, der europäischen Superregulierungsbehörde für die Telekommunikation, Abstand und folgt dem Vorschlag des Parlaments.

Der Telekommunikationsrat will die "Europäisierung" im Telekommunikationsbereich auf einen notwendigen Kernbereich reduzieren. So sollen die europäischen Regulierungsbehörden ein kleines und unabhängiges Büro für Koordinierungszwecke namens "Gremium der europäischen Regulierungsbehörden für die Telekommunikation" betreiben. Es soll die EU-Kommission hinsichtlich Europa-relevanter einheitlicher Regulierungsmaßnahmen beraten. Für Netzsicherheit und Frequenzregulierung soll es nicht zuständig sein. Die Europaabgeordnete Erika Mann (SPD) hatte sich maßgeblich für ein schlankes Behördenkonzept eingesetzt: "Wir haben uns klar dagegen ausgesprochen, eine weitere Super-Agentur zu schaffen, die den Einflussbereich der EU-Kommission verstärkt hätte."

In der Funkfrequenzpolitik hingegen besteht die Kommission auf einer strategischen Koordinierung auf politischer Ebene. Sie will ein Mehrjahresprogramm für "europaweite Dienste" dem Parlament und dem Rat zur gemeinsamen Verabschiedung vorlegen, in dem sie Bedingungen und Verfahren für Frequenznutzungsrechte koordiniert. Bislang haben weder Parlament noch Rat eine klare Strategie zur Freigabe von Frequenzen für Telekommunikationsdienste beim Übergang vom analogen zum digitalen Rundfunk finden können. Das Parlament hat auf Vorschlag Manns die Einberufung eines Rats-Frequenzgipfels im Jahr 2010 beschlossen. Er soll eine klare Übergangstrategie in Abstimmung mit allen Beteiligten finden. Zufrieden ist die Abgeordnete mit dem Vorschlag der Kommission nicht, da er es keine klare Rechtsdefinition europaweiter Dienste gebe, die der Kommission eine bestimmte Kompetenz zuweisen würden.

Im Verbraucherrat gibt es eine große Übereinstimmung zwischen dem Parlament und der Kommission etwa in Sachen Transparenz und bessere Information für Verbraucher oder einem verbesserten Zugang für Behinderte. Insofern wird es hier keine Überraschungen mehr geben. Was die Empfehlung des Europäischen Parlaments, bei Investitionen in neue Netze (Next Generation Networks, NGN) mit einem vereinfachten Rechtsrahmen zu arbeiten, angeht, zeigt sich die Kommission aber eher zurückhaltend.

Eine erste Lesung kann wie geplant nicht mehr in diesem Jahr stattfinden. Es gilt deshalb als unwahrscheinlich, dass der Rat noch unter der französischen Ratspräsidentschaft zu einem "Gemeinsamen Standpunkt" finden wird. Damit stehen die Zeichen auch für die von Frankreich forcierte Sperrung des Internetzugangs bei wiederholtem Urheberrechtsverstoß ungünstig. Die zweite Lesung ist für März 2009 unter der tschechischer Präsidentschaft geplant. Die neuen Regelungen sollen bis 2010 in allen 27 EU-Staaten rechtlich verbindlich werden. (Christiane Schulzki-Haddouti) / (vbr)