Telefon-Discounter führt Regulierungsbehörde vor

Mit einer Marketing-Aktion trifft der Fernmelde-Discounter 01051 einen wunden Punkt in der deutschen Regulierungspolitik - und führt die Fachleute bei der Telekom wie der Regulierungsbehörde gleichermaßen vor.

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Von
  • Ralf Hüskes

Mit einer Marketing-Aktion trifft der Fernmelde-Discounter 01051 einen wunden Punkt in der deutschen Regulierungspolitik – und führt die Fachleute bei der Telekom wie der Regulierungsbehörde gleichermaßen vor. Seit gut zwei Wochen bieten die Düsseldorfer Billig-Fernmelder unter der Marke "Teledump" Call-by-Call im Ortsbereich an – obwohl es dies nach dem Telekommunikationsgesetz eigentlich gar nicht geben dürfte. Die Telekom hat bisher alles daran gesetzt, in ihren Vermittlungsstellen entsprechende Filter einzurichten, um sämtliche Ortsgespräche innerhalb des eigenen Netzes zu halten; unabhängig davon, ob der Anrufer mit oder ohne Netzzahl gewählt hat.

Möglich wurde das Angebot durch einen technischen Trick: Anstelle der reinen Netzzahl sind für die Einwahl in das Teledump-Netz zusätzlich die Ziffern 031 zu wählen. Erst danach folgt die eigentliche Telefonnummer. Die so genannte 031-Gasse ist nach Telekom-Angaben nur für Test- und Prüfzwecke vorgesehen. Wählt man die Vorwahl des Netzbetreibers und anschließend 031 (beispielsweise 01033-031 für die Telekom), so gelangt man als Anrufer üblicherweise in ein Sprachmenü, das unter anderem den Netzbetreiber kurz vorstellt.

Da die Telekom verpflichtet ist, sämtliche Gespräche ordnungsgemäß an diese Testvorwahl weiter zu leiten, kann 01051 diese entgegennehmen und die nachfolgend gewählten Ziffern zur Gesprächsvermittlung heran ziehen. Um über Teledump ein Ortsgespräch zu führen, ergeben sich zwar relativ lange Rufnummern, aber in den meisten Fällen scheint diese Art der Durchwahl zu funktionieren.

Kaum stand das Angebot von 01051, ließ die Regulierungsbehörde verlauten, dass die Telekom gesetzlich nicht verpflichtet sei, Ortsgespräche via Call-by-Call zu vermitteln. Das heißt im Klartext: Die Telekom darf theoretisch abschalten.

Die juristische Antwort der Telekom fiel kompliziert aus: "Die Firma 01051 hat sich im Interconnection-Vertrag mit der Telekom zur Einhaltung der im AKNN (Arbeitskreis für technische und betriebliche Fragen der Nummerierung und Netzzusammenschaltung) beschlossenen Spezifikation verpflichtet. Hiernach dürfen Gespräche innerhalb eines Ortsnetzes nur durch den Teilnehmernetzbetreiber des Kunden vermittelt werden". Da 01051 kein Teilnehmernetzbetreiber, sondern ein Verbindungsnetzbetreiber ist, verstoße sie gegen die Vereinbarungen, hieß es weiter.

Dass die Telekom in ihrer Entgegnung keine einschlägigen Paragraphen, sondern nur die technische Spezifikation eines Arbeitskreises präsentieren konnte, ließ erahnen, dass sich der größte deutsche Netzbetreiber in keiner besonders starken Position befindet. Mit dem Versuch, eine einstweilige Verfügung durchzusetzen, scheiterte er dann auch prompt. Erst Mitte November soll in der Angelegenheit mündlich vor dem Kölner Landgericht verhandelt werden. Dann wird sich zeigen, wie es mit dem Teledump-Angebot weiter geht.

Inzwischen droht 01051 weiteres Ungemach von der Konkurrenz. Mitbewerber Mobilcom sieht in der Teledump-Vorgehensweise einen "widerrechtlichen Wettbewerbsvorsprung" und forderte die Unterzeichung einer Unterlassungserklärung. Auch wenn 01051 dieser Aufforderung nicht nachkam, könnte die nun mögliche einstweilige Verfügung dem Telefonieren über die Service-Nummer ein schnelles Ende bereiten.

Die Regulierungsbehörde könnte sich aus einem anderen Grund zu Wort melden. Sie vergibt ihre Rufnummern nach strengen Regeln. Und der Zweck der von 01051 verwendeten Testvorwahl 031 war es sicherlich nicht, kostengünstige Call-by-Call-Gespräche im Ortsgespräche zu ermöglichen.

Doch ein Eingreifen dürfte sich die Regulierungsbehörde gleich in zweifacher Hinsicht überlegen: Zum einen drohen bei einer unhaltbaren Sperre des Angebotes massive Schadensersatzforderungen, und zum anderen haben die Regulierer ohnehin bereits mit Vorwürfen zu kämpfen, sie ermöglichten im Ortsbereich keinen freien Wettbewerb. Wenn sie nun den ersten bundesweiten Anbieter mit Billig-Angebot wegen eines Nummernmissbrauchs aus dem Markt drängt, dürfte ihr dies von den Kritikern nicht besonders positiv ausgelegt werden.

Der Kniff mit den Ortsgesprächen ist nicht der einzige, den 01051 für das Teledump-Angebot bemühte. Insbesondere im Auslandsbereich kauft die Firma Überkapazitäten auf, mit denen sie günstige Auslandsgespräche anbieten kann. Überkapazität bedeutet: Sind Leitungen frei, wird die Verbindung aufgebaut. Sind keine frei, so ertönt ein Besetztzeichen. Wenn alle Stricke reißen, kann sich auch der Preis kurzfristig ändern – nicht nur nach unten, sondern auch nach oben.

Das Telekommunikationsgesetz stellt sehr hohe Anforderungen an die Art und Weise, wie Tarifänderungen publiziert werden müssen. So soll sichergestellt werden, dass die Kunden keine bösen Überraschungen durch allzu kurzfristige Preiserhöhungen erleben. Die meisten Gesellschaften publizieren daher ihre Tarifänderungen mittlerweile im Amtsblatt der Regulierungsbehörde und wählen damit den juristisch sichersten Weg. 01051 hingegen sagt den Abrechnungstakt vor dem eigentlichen Gesprächsaufbau an, um sich so die notwendige Rechtssicherheit zu verschaffen. (Ralf Hüskes) (jk)