Telekom-Streik tritt in entscheidende Phase

Der Streik bei der Telekom geht in die vierte Woche. Sie könnte einen Wendepunkt in dem Arbeitskonflikt markieren.

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Von
  • Peter Lessmann
  • dpa

Der Streik bei der Telekom geht inzwischen in die vierte Woche – und tritt in eine entscheidende Phase. Hinter den Kulissen rechnen die Experten von Personalchef Thomas Sattelberger eifrig an Modellen für eine Kompromisslösung. Die Erwartungshaltung der betroffenen 50.000 Telekom-Beschäftigten, die der Vorstand in Service-Betriebe auslagern will, ist durch den Streik in den vergangenen Wochen und die von ver.di verbreiteten Durchhalteparolen eher noch gestiegen. Sie gehen auf die Barrikaden, weil ihnen der Vorstand die Gehälter kürzen will und sie dafür obendrein noch länger arbeiten sollen.

ver.di-Bundesvorstand Lothar Schröder nennt das ein "unverschämtes Angebot" und droht der Telekom mit langen Streiks, gegebenenfalls auch mit einer Verlagerung des Konflikts in die neuen Gesellschaften. Gleichzeitig ließ er aber durchblicken, dass sich ver.di eventuell auf variable Einkommensbestandteile einlassen könnte, wenn die geplanten Kürzungen des Grundgehalts vom Tisch sind.

Damit reagierte Schröder auf den Versuchsballon, den Sattelberger mit einer Erfolgsbeteiligung unlängst gestartet hatte – die Telekom als Risiko- und Chancengemeinschaft. Mit seinen Einlassungen soll Schröder aber in seiner eigenen Organisation zurückgepfiffen worden sein. Dass sich mit ver.di-Chef Frank Bsirske bis hin zu DGB-Chef Michael Sommer mächtige Gewerkschafter in den Arbeitskonflikt einschalten, macht es für Schröder nicht einfacher.

Auch der Bund als Großaktionär zieht im Hintergrund Fäden. Dies zeigt, dass sich die Tarifpartner auf einem höchst verminten Terrain bewegen. Durch ihre Forderungen und Angebote haben sich ver.di und die Telekom in eine Ecke manövriert, aus der sie nur schwer ohne Gesichtsverlust herauskommen. Erstes Ziel muss es sein, wieder am Verhandlungstisch Platz zu nehmen, um auf diesem Wege den gordischen Knoten zu zerschlagen. "Wir wollen eine gemeinsam Lösung mit dem Tarifpartner", beteuert Sattelberger.

Tatsächlich bringt eine Eskalation des Konflikts beiden Seiten am Ende voraussichtlich wenig. Den 50.000 Telekom-Beschäftigten droht eine wesentliche Verschlechterung der Konditionen, wenn sich ver.di nicht bewegt. Die Telekom ihrerseits muss mit dem Aufbrechen von Arbeitskonflikten an anderen Stellen rechnen. Demotivierte Mitarbeiter würden zudem am allerwenigsten zur Verbesserung des Services beitragen.

Schon in der übernächsten Woche könnte es für die betroffenen Mitarbeiter ernst werden. Dann sollen sie in formellen Schreiben über die Einordnung in neue Tarifverträge der künftigen Service- Gesellschaften informiert werden. Und diese enthalten deutlich schlechtere Konditionen als jenes Angebot, das die Telekom als "ausgewogen und fair" bezeichnet, für ver.di aber unannehmbar ist.

So richten sich alle Augen auf die kommende Streikwoche, die einen Wendepunkt im Arbeitskonflikt markieren könnte. "Wir hoffen, dass ver.di an den Verhandlungstisch zurückkehrt", heißt es im Umfeld der Telekom. So könnte sich kurz vor Toresschluss – die Telekom ist fest entschlossen, mit T-Service zum 1. Juli zu starten – das Blatt wenden und doch noch ein Kompromiss ausgelotet werden.

Dabei würde bei einer Verhandlungslösung vermutlich die variable Gehaltskomponente, einschließlich der von Sattelberger ins Spiel gebrachten Erfolgsbeteiligung, ins Zentrum rücken. Es gebe mehrere Stellschrauben zur Ausgestaltung, sagt ein Kenner. Und wenn sich auf diesem Wege die Gehaltskürzung von 9 Prozent vermeiden ließe und die Telekom trotzdem mittelfristig auf ihr geplantes Einsparvolumen käme, dann könnte ver.di auch mit längeren Arbeitszeiten leben.

Siehe zum Arbeitskonflikt bei der Telekom auch die Linkliste in c't-Hintergrund:

(Peter Lessmann, dpa) / (anw)