Telekom, Vodafone, Telefónica und Orange wollen Geld von Internet-Unternehmen

Die Unternehmen beklagen, dass sie "massiv" in ihre Netze investieren, während Inhalte-Anbieter davon profitieren, aber sich nicht daran beteiligten würden.

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Werbeaufsteller der Telekom im Bremer Stadtteil Schwachhausen.

(Bild: heise online / anw)

Lesezeit: 4 Min.

Vier große Telekommunikationsunternehmen fordern die großen Inhaltsplattformen des Internets auf, sich an den Kosten der europäischen digitalen Infrastruktur zu beteiligen. Schließlich würden diese ihre Dienste tragen, heißt es in einem gemeinsamen Appell der Deutschen Telekom, Vodafone, Telefónica und Orange. Darin fordern sie auch die EU auf, in dieser Sache tätig zu werden.

Der Datenverkehr nehme jährlich um bis zu 50 Prozent zu, schreiben die vier Unternehmen. Über 70 Prozent des gesamten Datenverkehrs entfielen auf Videostreaming, Spiele und soziale Medien, die von einigen wenigen Plattformen für digitale Inhalte stammen würden. Diese Plattformen würden von stark skalierenden Geschäftsmodellen zu geringen Kosten profitieren, die Investitionen in die Konnektivität hingegen von den Telekommunikationsfirmen geschultert. Dabei würden Endkundenmärkte immer weniger rentabel.

Gleichzeitig drängten die großen Inhalte-Plattformen ständig auf eine höhere Qualität des Streamings, daher werde der sprunghafte Anstieg des Datenverkehrs weiter zunehmen. "Wenn wir diese unausgewogene Situation nicht in den Griff bekommen, wird Europa gegenüber anderen Weltregionen zurückfallen, was letztlich die Qualität des Erlebnisses für alle Verbraucher verschlechtert", heißt es in dem Appell.

Damit der uneingeschränkte Zugang und die Teilnahme der Bürger an der digitalen Gesellschaft gewährleistet würden, seien kontinuierliche Investitionen wichtig. Allerdings sei die momentane Situation "einfach nicht tragbar", wie es in dem Appell heißt. Die Investitionslast müsse in einem angemesseneren Verhältnis verteilt werden. Die Netzbetreiber könnten aber mit den Plattformen keine fairen Bedingungen aushandeln, da sie über eine starke Marktposition verfügten, eine asymmetrische Verhandlungsmacht hätten und keine gleichen regulatorischen Bedingungen vorfänden.

An dieser Stelle verweisen die vier Telekom-Konzerne auf Südkorea. Dort werde ein Gesetz erörtert, das die regulatorischen Voraussetzungen für einen gerechteren Beitrag zu den Netzkosten schaffen solle. Hintergrund ist ein Rechtsstreit zwischen dem Provider SK Broadband mit Netflix um Entschädigung für erhöhten Netzwerkverkehr durch Ausstrahlung der Serie "Squid Game". In den USA werde ein Universaldienst angestrebt, der auch durch digitale Plattformen finanziert wird.

Ohne einen "Preis" für die emittierten Daten werde der Anreiz für große Inhalteanbieter, ihren Datenverkehr zu optimieren, gering bleiben, wird in dem Appell auf den Umweltaspekt hingewiesen. Gemeinsame Investitionen wären auch für die Förderung umweltfreundlicher Konnektivität und digitaler Technologien von entscheidender Bedeutung. Hier könne die Führungsrolle Europas im Bereich Umwelt gestärkt und umweltfreundliche Arbeitsplätze geschaffen werden.

Die vier Unternehmen begrüßen die jüngste Zusage der Europäischen Kommission, angemessene Rahmenbedingungen zu entwickeln, damit "alle Marktteilnehmer, die vom digitalen Wandel profitieren, einen fairen und angemessenen Beitrag zu den Kosten für öffentliche Güter, Dienstleistungen und Infrastrukturen leisten". Nun sollten die Gesetzgeber auf EU-Ebene Regeln einführen, um diesen Grundsatz zu verwirklichen.

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Das Datenvolumen für aufwendige Anwendungen wie Video- und Musikstreaming dürfte auch durch Anreize der Telekommunikationsunternehmen selbst angestiegen sein. Voriges Jahr erklärte aber der Europäische Gerichtshof Optionstarife wie Vodafone Pass und Stream On der Telekom für rechtswidrig. Bei diesen Optionstarifen wurde der Datenverbrauch bestimmter Anwendungen oder Dienste wie Musikstreaming, Video-Apps und Messenger nicht von dem im Tarif enthaltenen Datenvolumen abgezogen.

Verfechter der Netzneutralität werteten die Entscheidung als Sieg. Wenn – wie von Telekom, Vodaone, Telefónica und Orange gefordert – sich die großen Internetunternehmen an der Finanzierung der Infrastruktur beteiligen müssten, ist anzunehmen, dass sie davon auch profitieren wollen.

Im Juni 2013 wurde in den USA bekannt, dass Google, Microsoft und Facebook Zahlungen an große US-Provider leisten, um besseren Zugang zu deren Netzen zu bekommen. Zu der Zeit versuchte die Deutsche Telekom die Inhalte-Anbieter für eine bevorzugte Zustellung der Daten zum Kunden mit neuen Tarifmodellen zur Kasse zu bitten.

(anw)