Telekommunikationsüberwachung soll deutlich teuer werden

Rot-Grün hat den Entwurf einer Gesetzesänderung vorgelegt, in der Pauschalen für Hilfsleistungen bei Überwachungsmaßnahmen definiert sind. Die Standortabfrage eines Mobiltelefons mit bekannter Rufnummer soll beispielsweise mit 150 Euro vergütet werden.

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Die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen haben einen Entwurf für eine Änderung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) an Wirtschaftsverbände verschickt, mit der die Telekommunikationsunternehmen für ihre Hilfssheriff-Funktionen beim Abhören oder bei der Kunden- und Verkehrsdatenabfrage entschädigt werden sollen. Die TK-Überwachung dürfte mit dem Papier, das heise online vorliegt, den Sicherheitsbehörden künftig deutlich ins Budget schneiden. Rot-Grün begründet den Vorstoß damit, dass es sich "bei der Strafverfolgung und Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit um originär staatliche Aufgaben handelt." Die von den TK-Anbietern bei der Ermöglichung der Überwachung der Telekommunikation und Erteilung von Auskünften zu Strafverfolgungszwecken und Zwecken der öffentlichen Sicherheit zu erbringenden Leistungen würden der Erfüllung dieser staatlichen Aufgaben dienen. Es erscheine deshalb erforderlich, den Dienstleistern eine angemessene Entschädigung für die Erbringung der Leistungen zu gewähren.

Mit der geplanten Regelung verfolgt Rot-Grün bewusst auch das Ziel, "eine dämpfende Wirkung auf den bisherigen Trend einer von Jahr zu Jahr ansteigenden Anzahl von Überwachungsmaßnahmen zu erreichen." Im Interesse sowohl der Wirtschaft als auch der zur Zahlung verpflichteten berechtigten Stellen sollen die Erfassung der erbrachten Leistungen und die darauf basierende Berechnung der zu leistenden Entschädigungen zudem "mit einem möglichst geringen Verwaltungsaufwand verbunden sein". Die erforderlichen Tätigkeiten werden daher nach dem Plan der Fraktionen pauschal vergütet. Konkret wird gemäß dem Entwurf das Einrichten oder Verlängern einer Maßnahme zum Abhören eines Telefonanschlusses nach Strafprozessordnung (StPO), Artikel-10-Gesetz und Zollfahndungsdienstegesetz künftig mit 250 Euro entschädigt. Für jede zweite und weitere Kennung bei einem ISDN-Anschluss sind weitere 75 Euro fällig. Das eigentliche Aufzeichnen der Kommunikation und das Bereitstellen einer Kopie davon schlägt bei einer Übermittlung per Wählverbindung an die berechtigten Stellen mit 10 Euro pro Tag zu Buche, bei einer Standleitung mit 5 Euro. Zusätzliche Entschädigungen für die Prüfung von Anordnungen oder die Beantwortungen von Rückfragen der Behörden sind nicht vorgesehen.

In einem weiteren Abschnitt werden die Abfindungen für Auskünfte über Verkehrsdaten -- also Verbindungs- und Standortdaten -- nach den Paragraphen 100g und h StPO geregelt. Demnach soll die Herausgabe von Informationen, bei denen die Ursprungsadresse bekannt ist, je Kennung am ersten Kalendertag 125 Euro kosten, während danach pro Tag weitere 5 Euro eingeplant sind. Die aufwändigere Zielwahlsuche, bei der die Verpflichteten ihre gesamten Verbindungsdatenbestände nach einer angerufenen Nummer durchforsten müssen, wird sogar mit bis zu 500 Euro vergütet. Allerdings nur, wenn der Anbieter seine "Verfahren" nicht für diese Maßnahme optimiert hat. Auskünfte über in der Vergangenheit liegende Verkehrsdaten in Mobilfunknetzen, bei denen lediglich Zeit und Ort bekannt ist, sollen je Zieladresse für den ersten Fünf-Minuten-Zeitraum mit 250 Euro, für alle weiteren fünf Minuten mit 15 Euro entschädigt werden. Die Abfrage des Standortes eines Mobiltelefons mit bekannter Rufnummer wird mit 150 Euro angesetzt.

Auf die Einführung einer Entschädigungsregelung an sich hatten sich Bundestag und Bundesrat im Vermittlungsausschuss zur TKG-Novelle im vergangenen Jahr nach langen Auseinandersetzungen prinzipiell geeinigt. Zunächst war vorgesehen, dass die Bundesregierung eine gesonderte Verordnung dazu erlassen würde. Nachdem ein entsprechender Entwurf aber auf sich warten ließ, griffen die Regierungsfraktionen zu einem Kunstgriff, mit dem die entsprechenden Vergütungsbestimmungen nun im Rahmen der momentan erneut anstehenden TKG-Änderung selbst erfolgen soll. Ansonsten würden die Abstimmungen "zu lange dauern", hatte Hubertus Heil, telekommunikationspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, den Vorstoß jüngst begründet.

Die Wirtschaft begrüßt die Vorlage der Entschädigungsregelungen prinzipiell. "Es sind alle relevanten Bereiche abgedeckt", erklärte Harald Geywitz aus dem Hauptstadtbüro des Branchenverbandes VATM gegenüber heise online. Genauso wie seine Kollegin Hannah Seiffert vom Verband der deutschen Internetwirtschaft eco hofft er darauf, dass die Länder sich an den Kompromiss vom vergangenen Jahr halten und die Kostenbestimmungen mittragen. Auch laut Volker Kitz vom Bitkom scheinen die aufgeführten Zahlen in die richtige Richtung zu weisen. Noch werde der Entwurf aber sorgfältig geprüft. (Stefan Krempl) / (pmz)