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Terroristenjagd zwischen Burger- und Soft-Drink-Werbung

Dynamische Werbebanner in Spielen sollen den Entwicklern mehr Geld in die Kassen spülen. Die Werbeberater von Massive binden Produktinformationen nahtlos in Spiele ein und sammeln damit dann eifrig Kundendaten.

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Die Werbeindustrie hat es schon nicht leicht, die stark umworbene Zielgruppe der 15- bis 24-Jährigen zu erreichen. Immer mehr Fernsehsender, Internetplattformen und Multimedia-Angebote buhlen um die Aufmerksamkeit dieser konsumfreudigen Zielgruppe, sodass die Hersteller von Soft-Drinks, Fast-Food und Mobiltelefonen gar nicht mehr wissen, wo sie ihre Werbung schalten sollen. Hoch im Kurs stehen bei den Werbetreibenden deshalb Videospiele, die die Aufmerksamkeit der Spieler stundenlang auf sich ziehen und in die sich Werbebanner dynamisch über eine Online-Verbindung integrieren lassen.

Auf solche Ingame-Werbung hat sich die Microsoft-Tochter Massive Incorporated spezialisiert. Sie bieten Publishern ein komplettes Rundumsorglospaket an, mit dem sie ihre Spiele mit Online-Werbung verzieren und zusätzlich Geld einnehmen können. Das geht umso besser, je früher die Werbeexperten in das Projekt involviert werden, erklärt Nick Welch auf der Entwicklerkonferenz in Leipzig. Mindestens benötige Massive drei Monate, um die Werbeflächen richtig ins Spiel zu integrieren. Damit die Produkte aber nicht nur als schnöde Banner, sondern gar als 3D-Objekte oder Videos im Spiel erscheinen, sei eine Vorbereitungszeit von 12 bis 18 Monaten wünschenswert. Dann könne auch das Spieldesign auf seine Werbewirksamkeit optimiert werden. Die zu bewerbenden Produkte sollen zwar die Aufmerksamkeit des Spielers erregen, aber nicht vom eigentlichen Spiel ablenken.

Massive Werbung: Nicht jedes Spiel ist geeignet.

Für den Entwickler bedeute dies kaum mehr Aufwand, betonte Welch. Für Xbox 360 und PC existiere ein SDK, mit dem der Spielcode innerhalb einer Woche angepasst werden könne. Der Entwickler behalte auch nach der Veröffentlichung die volle Kontrolle über sein Spiel und könne genau entscheiden, welche Art von Werbung in seinen Titel geschaltet wird und welche nicht.

Damit die erzielte Wirkung richtig abgerechnet werden kann, überwacht die Massive-Software den Spieler auf Schritt und Tritt. Jedesmal, wenn ein Werbeobjekt innerhalb eines Zeitrasters von zehn Sekunden mindestens einmal auf dem Bildschirm zu sehen ist, werde dies gezählt und anschließend mit dem Werbekunden abgerechnet. "Wir sammeln Nutzerdaten die ganze Zeit, aber dies ist ein sensibles Thema," erklärte Welch. Immerhin werde der Spieler ja im Kleingedruckten des Nutzungsvertrags auf die Datenerhebung hingewiesen und müsse dieser zustimmen, bevor das Spiel startet.

Massive Incorporated gibt sich aber nicht mit kleinen Fischen ab. Das Unternehmen, das vor zwei Jahren von Microsoft aufgekauft wurde, betreut Spiele, die weltweit mindestens 200.000 Einheiten verkaufen. Außerdem müssen sie einen Online-Modus mitbringen und möglichst in einer urbanen Umgebung der Gegenwart spielen. "Wenn Ihr Spiel in einer Fantasy-Umgebung oder 100 Jahre in der Zukunft spielt, vergessen Sie es", erklärt Welch den anwesenden Spielentwicklern. Im Wald von Azeroth oder auf der Brücke der Enterprise lassen sich Cola-Dosen nur schlecht aufstellen. Gut funktionieren hingegen Sportspiele oder Ego-Shooter. Als Referenz zeigte Massive Ausschnitte aus "Burnout Paradise", "Skate" und "NBA 08" von Electronic Arts, "Rainbow Six Vegas" von Ubisoft und "Pro Evolution Soccer 08" von Konami, die von Massive mit Online-Werbung verziert wurden. Zu den größten Werbekunden würden McDonald's und Vodafone zählen, die derzeit massives Interesse an Ingame-Werbung bekunden würden.

Bei den Entwicklern fielen Welchs Worte offenbar auf fruchtbaren Boden. Nach seiner Präsentation bildete sich eine lange Schlange von Leuten, die unbedingt Kontaktdaten mit Welch austauschen wollten.

Besser als Werbebanner: Das Online-Spiel zum Lego-Klotz.

Doch nicht alle Firmen sind auf solche Werbevermittler angewiesen. So stellte Lego auf der Entwicklerkonferenz das Konzept seines neuen Massive-Multiplayer-Onlinespiels Lego Universe vor, das Ende 2009 starten soll. Das Spiel ermögliche den Spielern, online ganze Welten aus Legosteien zu bauen und diese mit anderen zu teilen. "Wir werden Ingame-Werbung aus Lego Universe heraushalten. Sie passt nicht zu unserer Firmenphilosophie", erklärte Henrik Lorenzen in Leipzig. Kunststück: Spieler sollen die passenden Lego-Steine aus dem Spiel heraus kaufen können, damit sie die Online-Bauwerke bei sich zuhause nachbauen. Ingame-Werbebanner würden hier nur vom Werbespiel für Legosteine ablenken. (hag)