Thermisch kontrollierter Tarnanzug schützt auch vor Infrarotsensoren

Von rot über grün zu blau: Forscher arbeiten an einer Art künstlicher Haut, die bei Tarnanzügen ihre Farbe wechseln kann.

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(Bild: Illustration aus Defence One von Seung Hwan Ko/ Seoul National University.)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Um sich vor den Blicken ihrer Feinde zu verbergen, nutzen Soldaten zumeist Tarnkleidung, die an die Farben und Muster der Umgebung angepasst ist. Aber was ist, wenn sie aus dem grünen Wald heraustreten und auf einmal am weißen Strand vor dem blauen Meer stehen? Für einen raschen Klamottenwechsel dürfte in der Regel keine Zeit sein. Bisher.

Koreanische Wissenschaftler arbeiten an einer besseren Lösung. Inspiration hat das von Seung Hwan Ko (Seoul National University) geleitete Forschungsteam dabei von den im Meer lebenden Kopffüßern (Cephalopoda) bezogen, die teilweise in der Lage sind, ihre Körperfarbe zu verändern und der jeweiligen Umgebung anzupassen. Wie die Forscher jetzt in der Zeitschrift Advanced Functional Materials berichten, wollen sie Menschen mithilfe einer künstlichen Haut ähnliche Fähigkeiten verleihen. Das Besondere daran: Wie bei den Meeresbewohnern funktioniert die Tarnung nicht nur im Bereich des sichtbaren Lichts, sondern auch im thermischen Infrarot.

Die künstliche Haut besteht aus quadratischen Segmenten mit jeweils sechs Millimetern Kantenlänge und einer Dicke von 2,5 Millimetern. Sie sind an der Oberfläche mit einem thermochromen Elastomer beschichtet, dessen Farbe von der Temperatur abhängt: Bei 24 bis 26 Grad Celsius ist es rot, wechselt bei 27 bis 32 Grad zu grün und wird bei etwa 40 Grad blau. Da jedes Segment einzeln angesteuert werden kann, lassen sich auch komplexe Farbmuster erzeugen.

Technische Herausforderungen lagen zum einen darin, die wechselseitige Beeinflussung der Segmente zu vermeiden, zum anderen im raschen Temperaturwechsel, wobei insbesondere die schnelle Abkühlung schwierig zu realisieren war. Dem Portal Defense One gegenüber erklärten die Forscher, den Modus innerhalb von fünf Sekunden wechseln zu können. Da die Temperatur das einzige Parameter ist, das verändert werden muss, funktioniere die Tarnung auch im Dunkeln gegenüber Wärmebildkameras. In diesem Fall würden nicht die Farben, sondern die Temperatur der Umgebung angepasst.

Derzeit wird die Farbanpassung noch von Hand gesteuert. Durch Integration einer Mikrokamera soll aber zukünftig die Umgebung erkannt und die künstliche Haut automatisch angepasst werden. "Wir glauben", fassen die Forscher am Ende ihrer Studie zusammen, "dass die beispiellosen Eigenschaften dieser Haut, die in einem einzelnen Gerät multispektrale Tarnungen ermöglicht, nicht nur einen bedeutenden Beitrag zu verdeckten militärischen Operationen darstellt, sondern auch einen Schritt hin zu vollständiger Unsichtbarkeit, die schon bald realisiert werden könnte."

(emw)