Theseus soll dem Arzt helfen

Siemens will gemeinsam mit Forschungseinrichtungen auf dem 3. nationalen IT-Gipfel das Anwendungsszenario Medico für das semantische Suchmaschinenprojekt vorstellen, das den Zugang zu medizinischen Informationen erleichtern soll.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 17 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Das semantische Suchprogramm Theseus füllt sich langsam mit praktischen Anwendungsmodellen. So will Siemens gemeinsam mit Forschungseinrichtungen und dem Universitätsklinikum Erlangen am Donnerstag in einer Woche auf dem 3. nationalen IT-Gipfel in Darmstadt das Modul Medico für das Ende 2007 gestartete "Leuchtturmprojekt" vorstellen. Darüber soll Ärzten und anderen im Gesundheitssektor tätigen Personen ein verbesserter und strukturierter Zugang zu medizinischen Bildern in weltweiten Datenbanken und weiteren einschlägigen Informationen wie Labordaten und Texten ermöglicht werden. Ziel ist es, individualisierte Diagnosen und Therapieplanungen oder Forschungen in den Bereichen Biomedizin und Epidemiologie zu unterstützen.

Für die Präsentation haben die Projektpartner unter Einschluss des Deutschen Forschungszentrums für künstliche Intelligenz, des Fraunhofer-Instituts für Graphische Datenverarbeitung und der Ludwig-Maximilians-Universität München eine Demoversion erstellt. Sie soll zeigen, wie ein Arzt dank Medico online rasch eine präzise und kostengünstige Entscheidungshilfe an die Hand bekommt.

Als Beispiel führen die Medico-Entwickler die Diagnose von schweren gesundheitlichen Problemen mit Lymphdrüsen an: Ein Lymphom-Patient befindet sich in einem Kreiskrankenhaus, wo der behandelnde Doktor wissen will, ob die Chemotherapie angeschlagen hat. Mit Medico soll er automatisch aktuelle Bilder aus einer Computertomographie mit früheren, vor der Behandlung erstellten abgleichen können. Dabei fallen dem Programm neue Schwellungen in der Milz auf, zu denen vor Ort keine Vergleichsaufnahmen vorliegen. Digital kann der Arzt über die Theseus-Applikation Bilder und Befunde seines Patienten aber an das Rechenzentrum einer großen Uniklinik schicken, um sie mit dortigen Lymphom-Fällen zu vergleichen. Auf dieser um ein Vielfaches erweiterten Informationsbasis erhält der Onkologe im Idealfall präzise Empfehlungen für die weitere Behandlung.

Die mit Medico entwickelten semantischen Techniken sollen den Computer dazu befähigen, selbstständig Informationen aus dem Inhalt der dargestellten Bilder zu erzeugen sowie diese mit weiteren medizinischen Daten zusammenzuführen und zu strukturieren. Dafür "müssen noch zahlreiche Komponenten entwickelt werden", heißt es beim Berliner Theseus-Projektbüro. Nötig seien etwa Verfahren zur Mustererkennung, computergestützte Erkennungssysteme oder klinische Entscheidungshilfen. Die zentrale Aufgabe bestehe in der Entwicklung eines Ordnungssystems, das die Fülle von Informationen auf Grundlage des medizinischen Fachvokabulars gliedern und vernetzen kann. Die dafür notwendigen Metadaten sollen von Medico auf Basis der menschlichen Anatomie automatisch generiert und den jeweiligen Bilddaten zugeordnet werden. Zur Beschreibung der Bildinhalte werden Fach-Ontologien wie RadLex oder das detaillierte, frei verfügbare Foundational Model of Anatomy herangezogen.

Sämtliche Partner des Theseus-Konsortiums, zu denen etwa auch die Bertelsmann-Tochter empolis oder SAP zählen, arbeiten zugleich an weiteren Anwendungsszenarien für semantische Basistechnik. Ins Modul Alexandria soll der Web-2.0-Ansatz einfließen, also die Vernetzung der Nutzer in virtuellen Gemeinschaften und die wachsende Bedeutung nutzergenerierter Inhalte für das Wissensmanagement erschlossen werden. Das Szenario Contentus sieht vor, digitale Kulturgüter in Form von Texten, Bildern sowie Ton- und Videoaufzeichnungen besser zu erschließen. Im Rahmen des Processus-Modellvorhabens wird daran geforscht, wie das in Unternehmen schlummernde Wissen genutzt werden kann. Unter dem Aufhänger Ordo sollen innovative Ansätze für die Ordnung digitaler Informationen, im Modul Texo Plattformen für die gesicherte Bereitstellung, Abwicklung und Kombination internetbasierter Dienstleistungen entwickelt werden. Das bis 2012 laufende Gesamtprojekt wird von der Bundesregierung und den Wirtschaftspartnern jeweils mit rund 90 Millionen Euro ausgestattet. (Stefan Krempl) / (jo)