Toll Collect schmiedet neue Pläne

Das Konsortium kann sich verschiedene Anwendungsgebiete vorstellen, mit denen die Infrastruktur des Mautsystems weiter nutzbringend eingesetzt werden kann. Das könne auch die Akzeptanz für eine allgemeine Mautpflicht steigern.

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Von
  • Monika Ermert

Bei Toll Collect kann man sich vorstellen, mit der aufgebauten Maut-Infrastruktur zukünftig "weiteren Nutzen zu stiften". Das sagte Toll-Collect-CIO Johannes Springer bei der Konferenz des Münchner Kreis zum "Vernetzten Automobil" am gestrigen Donnerstag in München. Rund 12.500 Kilometer Autobahn und rund 50 Kilometer Bundesstraße hat das Konsortium im Auftrag des Bundes ausgerüstet und spült damit 2008 voraussichtlich rund 3,7 Milliarden Euro Mautgebühren von den Schwerlastverkehr-Unternehmen in die Kassen des Bundes. Nützliche Zusatzanwendungen des Systems könnten dem Bürger auch eine allgemeine Maut etwas schmackhafter machen, meint Springer.

Das Konsortium geht davon aus, dass das System für "weitere Wertschöpfungen" im Rahmen der "intelligenten Nutzung der Verkehrsinfrastruktur" nutzbar gemacht werden kann, etwa zur Verbesserung von Verkehrssicherheit und effizienten Logistikketten. Mit dem System stünden immerhin Lösungen für die Kommunikation zwischen Fahrzeug und Infrastruktur (C2X) sowie die zwischen Fahrzeugen (C2C) zur Verfügung. Letztere wird dafür genutzt, vom vorbeifahrenden Prüffahrzeug die korrekte Funktion der On Board Unit (OBU) der LKW abzufragen. Man bringe es auf ungefähr 50.000 solcher C2C-Kontakte und etwa 800.000 Kontakte an den Mautstellen pro Tag. In der Zentrale müssten schließlich 25 Millionen Transaktionen korrekt gebucht werden. Für Toll Collect drängt sich die Frage nach dem gesellschaftlichen Zusatznutzen praktisch auf.

Es "schmerzt schon", sagte Springer, wenn das Verkehrsministerium 250 Millionen Euro in neue Parkplätze für LKWs investiert, anstatt durch Meldungen der erwarteten Parkzeiten eine bessere Ausnutzung zu realisieren. Neben dem Schwerverkehr hat Toll Collect die Nutzbarmachung der "Plattform" für den Individualverkehr sehr genau im Blick. Auch automatische, von Fahrzeugsensoren ausgelöste Notrufmeldungen über die Mautstellen nannte Springer als möglichen Zusatznutzen.

"Gesellschaftliche relevante Dienste" seien insbesondere geeignet, die Akzeptanz für eine allgemeine Mautgebühr zu steigern, sagte Springer. Die Datenschutzvorkehrungen, versicherte er aber schon mal vorsorglich, seien nirgends schärfer als bei dem Mautsystem. Um private Verkehrsteilnehmer ins Toll-Collect-System einzubinden und mit Positions- oder Verkehrsinformationen versorgen zu können, müsse allerdings auf andere Geräte gesetzt werden. Springer nannte etwa ein um einen speziellen Infrarot- oder Mikrowellenkanal erweitertes Navigationsgerät oder Mobiltelefon.

Derzeit befinde sich Toll Collect in Gesprächen mit dem Verkehrsministerium über künftige Nutzungsmöglichkeiten der Infrastruktur. Realisieren lasse sich die Erweiterung nur, "wenn wir dem Verkehrsminister garantieren können, dass seine 3,7 Milliarden Euro ungeschmälert in die öffentlichen Kassen fließen." Eine strikte "Kapselung" der Maut gegenüber anderen Diensten oder etwa auch eine vertraglich vereinbarte Mitbenutzung der Infrastruktur durch Dritte sei daher unabdingbar. (Monika Ermert) / (vbr)