Twitter-Spion zu 42 Monaten Haft verurteilt

Zwei Twitter-Mitarbeiter ließen sich bestechen und lieferten dem Königshaus Saudi-Arabiens Daten über Dissidenten. Ein Täter wurde gefasst.

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Schattenriss - durch einen Türspalt fällt Licht in einen dunklen Raum

(Bild: Serg001/Shutterstock.com)

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Weil er saudische Dissidenten ausspioniert hat, muss Ahmad Abouammo in ein US-Bundesgefängnis einziehen. Der ehemalige Twitter-Mitarbeiter hat sich vom Königshaus Saudi-Arabien fürstlich dafür bestechen lassen, wiederholt private Daten aus regimekritischen Twitter-Konten zu erheben und zu verraten. Dafür wurde Abouammo am Donnerstag zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Die Mitangeklagten Ali Hamad A Alzabarah sowie Ahmed Saad M Almutairi (Ahmed Aljbreen) sind auf der Flucht.

Abouammo hat die Staatsangehörigkeiten der Vereinigten Staaten und des Libanon. Auch nachdem er zu einer anderen Firma gewechselt war, setzte er sich im Auftrag des Königshauses bei seinen ehemaligen Twitter-Kollegen dafür ein, regimekritische Twitter-Konten sperren zu lassen. Das saudische Regime belohnte den Mann mit ungefähr 320.000 US-Dollar. Vom FBI mit den Vorwürfen konfrontiert, belog der Mann die Ermittler und fälschte ein Dokument.

Auf die Spionage-Anklage gegen den ehemaligen Twitter-Mitarbeiter im November 2019 folgte am 9. August 2022 die Verurteilung durch Geschworene wegen nichtregistrierter Agententätigkeit für eine fremde Regierung, Betrug unter Zuhilfenahme von Telekommunikationsmitteln, Verschwörung zum Betrug, Dokumentenfälschung und Geldwäsche. Am Donnerstag folgte das Urteil. Ende März soll Abouammo die Haft antreten. An die Haft schließen sich drei Jahre überwachte Freiheit an.

Sein Twitter-Kollege Alzabarah ist ebenfalls angeklagt, Twitter-User im Auftrag der saudischen Royals ausspioniert zu haben, und sich ohne vorgeschriebene Registrierung als Agent betätigt zu haben. Wegen nicht registrierter Agententätigkeit angeklagt ist Mittelsmann Almutairi, besser bekannt als Ahmed Aljbreen. Beide sind saudische Staatsbürger und dürften nach Saudi-Arabien geflohen sein. Das FBI hat beide zur Fahndung ausgeschrieben.

Begünstigt wurde die Spionage offenbar durch mangelhafte Sicherheitsvorkehrungen bei Twitter. Für ihre eigentlichen Aufgaben hatten die beiden Twitter-Mitarbeiter keine Notwendigkeit, auf private Daten von Twitter-Benutzern zuzugreifen. Dennoch gelang ihnen das, ohne Alarm auszulösen. Whistleblower Peiter Zatko, bei Twitter einst für IT-Sicherheit zuständig, beklagt, dass Twitter bei der IT-Sicherheit zehn Jahre hinterher sei. Seinen Angaben zufolge installierten auch die Volksrepublik China und Indien jeweils mindestens einen Spion bei Twitter. Überhaupt arbeiteten Geheimdienste ohne Spione bei Twitter nicht richtig, meinte der Whistleblower im September.

FBI-Fahnungsposter für Ali Hamad A Alzabarah

(Bild: FBI)

FBI-Fahnungsposter für Ahmed Saad M Almutairi (Ahmed Aljbreen)

All dies hält den neuen Twitter-Eigentümer Elon Musk laut einem Bericht von Platformer nicht davon ab, Pläne für umfassende Datensammlung zu wälzen: Demnach möchte Musk Twitter-Nutzer dazu verpflichten, ihren Aufenthaltsort von Twitter überwachen zu lassen, ihre für Zwei-Faktor-Authentifizierung hinterlegten Telefonnummern an Werbetreibende freizugeben, und überhaupt individuell zugeschnittene Werbung zu akzeptieren. Derzeit kann solche Reklame in den Einstellungen deaktiviert werden.

Erschwerend kommt hinzu, dass Twitter auch nach Entdecken der rechtswidrigen Zugriffe auf Nutzerkonten die Betroffenen nicht gewarnt hat. Einer der betroffenen Regimekritiker ist Omar Abdulaziz, der in Kanada Asyl erhalten hat. Über seine Twitter-Logs könnte sein Aufenthaltsort verraten worden sein, was lebensbedrohliche Folgen für ihn, seine Angehörigen oder Mitstreiter hätte haben können. Abdulaziz war befreundet mit dem am 2. Oktober 2018 im saudischen Konsulat in Istanbul ermordeten Journalisten Jamal Khashoggi (korrekt ins Deutsche transkribiert: Dschamal Chaschukdschi).

Abdulaziz verklagte Twitter, ohne Erfolg. Weil er keinen konkreten Schaden durch die Nachlässigkeit Twitters nachweisen konnte, hat das US-Bundesbezirksgericht für das nördliche Kalifornien die Klage mangels Passivlegitimation Twitters im Juli 2021 zurückgewiesen. Dieses Verfahren war Abdulaziz v. Twitter, Az. 19-cv-06694.

(ds)