UKW-Ende: Der lange Weg zum Ausstieg aus der kurzen Welle

Eine c't-Umfrage zeigt: Außer Schleswig-Holstein hat keine Landesregierung einen Plan für den UKW-Ausstieg, trotz hoher Kosten für den Parallelbetrieb mit DAB+.

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Ein Radio vor einer grünen Wand

(Bild: BrAt82/shutterstock.com)

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In der Schweiz und in Schleswig-Holstein gibt es seit Kurzem konkrete Pläne für das Ende der UKW-Radioausstrahlung: Im nördlichsten deutschen Bundesland steigen die Sender zwischen 2025 und 2031 schrittweise aus der analogen Verbreitung aus, in der Schweiz ist Ende 2024 bei der SRG Schluss und die privaten Sender folgen bis Ende 2026. Wenn alles abläuft wie geplant, gibt es Radio dann nur noch via DAB+, Kabel oder Internet.

Doch Schleswig-Holstein und die Schweiz sind Ausnahmen im deutschsprachigen Raum. In den restlichen Bundesländern sowie in Österreich gibt es noch keine Fahrpläne für den UKW-Ausstieg, trotz der hohen Kosten für die parallele Verbreitung via UKW und dem digitalen Verfahren DAB+.

Rundfunk ist in Deutschland Ländersache. In einer Umfrage von c't unter den 15 Bundesländern südlich von Schleswig-Holstein nannte keine Landesregierung ein Zieldatum für den UKW-Ausstieg. Viele der Regierungssprecher verwiesen zwar auf die Vorteile von DAB+, etwa auf die effizientere Nutzung knapper Frequenzressourcen, den geringeren Energiebedarf auf der Sendeseite, die niedrigeren Verbreitungskosten oder die Notwarnfunktion EWF. Doch die meisten Menschen in Deutschland hören auch heute noch via UKW.

Laut der Studie Audio-Trends 2023 der Landesmedienanstalten besitzen 86 Prozent der Haushalte mindestens ein UKW-Radio, aber nur 33 Prozent ein DAB+-fähiges Gerät, wobei Autoradios mitgezählt werden. Diesen Umstand betonen auch die meisten Landesregierungen: "UKW ist noch immer der meistgenutzte Verbreitungsweg für den Radioempfang. Gerade für die privaten Radioveranstalter ist es das Rückgrat der Refinanzierung am Werbemarkt", schreibt etwa der Berliner Senat.

Die Zurückhaltung der Politik rührt auch daher, dass bisherige Versuche, ein UKW-Ausstiegsdatum vorzugeben, allesamt gescheitert sind: Sachsen-Anhalt und Sachsen hatten ursprünglich per Gesetz den Umstieg auf DAB+ bis Ende 2025 angepeilt, beide Landesregierungen strichen diese Regelungen jedoch nach Protesten privater Sender wieder. Die bayerische Landesmedienanstalt wollte die UKW-Lizenzen spätestens bis 2032 auslaufen lassen, auch dagegen liefen die Privatsender Sturm. Die neue Koalition aus CSU und Freien Wählern sprach sich in ihrem Koalitionsvertrag für eine Verlängerung der UKW-Lizenzen bis 2035 aus.

Doch warum klappt es nun offenbar in Schleswig-Holstein? Die schwarz-grüne Landesregierung hatte sich in ihrem Koalitionsvertrag vorgenommen, Schleswig-Holstein zur "digitalen Hörfunkvorreiterregion" zu machen. Hilfreich bei den Gesprächen mit den Sendern dürfte der Umstand gewesen sein, dass es in Schleswig-Holstein im Vergleich zu anderen Bundesländern nur wenige werbefinanzierte Sender gibt. Außerdem strahlen aus Nachbarbundesländern nur wenige Sender nach Schleswig-Holstein ein. Für die Unternehmen ist die Gefahr also relativ gering, dass ihre Hörer nach dem UKW-Ende zur Konkurrenz wechseln.

Laut der Audio-Trends-Studie hat aktuell jedoch auch in Schleswig-Holstein erst ein gutes Drittel der Haushalte Zugang zu DAB+. Viele Menschen in dem Bundesland müssen in den nächsten Jahren also ein Digitalradio kaufen, wenn sie weiter über Antenne hören wollen. Immerhin ist der Anteil der Haushalte mit DAB+ dort zuletzt schnell gestiegen; 2022 waren es erst 27 Prozent.

Gut denkbar ist nun, dass zumindest die Öffentlich-Rechtlichen bundesweit bis 2032 aus der UKW-Verbreitung aussteigen. Denn die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) will die Kosten für die UKW-Verbreitung ab 2033 nicht mehr anerkennen. Ursprünglich wollte sie dies schon ab 2029 nicht mehr tun, sie verschob das Zieldatum aber "aufgrund immer noch nicht getroffener medienpolitischer Entscheidungen bezüglich eines koordinierten Ausstiegs aus der UKW-Verbreitung", wie es im aktuellen KEF-Bericht heißt.

Die KEF sieht den Simulcast von UKW und DAB+ aufgrund der hohen Kosten seit Langem kritisch. Ihr zufolge liegen die Kosten für die UKW-Verbreitung der öffentlich-rechtlichen Sender (ARD und Deutschlandradio) von 2025 bis 2028 bei 221 Millionen Euro. Die Kosten für die reine DAB+-Verbreitung liegen nach Schätzung der ARD bei 80 Prozent der UKW-Kosten.

In Österreich startete DAB+ erst 2018, deswegen ist ein UKW-Ausstieg dort noch kein Thema. "Im Vergleich zu einer weit über 20-jährigen Geschichte von DAB/DAB+ in Deutschland ist wahrscheinlich nachvollziehbar, dass Gedanken über eine Abschaltung von UKW für uns noch keinerlei Relevanz haben", sagte ein Sprecher der Regulierungsbehörde KommAustria auf Anfrage von c't.

(cwo)