UN-Generalsekretär zur KI: "Schäden gibt es auch schon ohne KI"

Der UN-Generalsekretär sieht KI kritisch. Aber Warnungen vor der Technik sollten nicht von bestehenden Gefahren im digitalen Raum ablenken, meint er.

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Teil einer Abbildung aus dem Policy Brief Information Integrity on Digital Platforms, die die Größenordnungen von sozialen Medien verdeutlichen soll. Nicht im Bild unter anderem 2,5 Milliarden für Youtube und 2 Milliarden für Instagramm.

(Bild: UN / Kepios)

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Künstliche Intelligenz entwickele sich rasant und die Warnungen vor ihr würden lauter. Am lautesten äußerten sie jene, die diese Technik entwickeln. "Diese Warnungen sollten wir ernst nehmen", sagte UN-Generalsekretär António Guterres am Montag zur Vorstellung eines Berichts der Vereinten Nationen zur Integrität von Informationen auf digitalen Plattformen.

Guterres bezog sich dabei unter anderem auf eine Stellungnahme von Verantwortlichen aus der KI-Industrie, die Ende Mai vor der mit der Entwicklung von KI verbundenen Gefahr warnten. Sie seien so gefährlich wie Pandemien und Atomkrieg, hieß es in dem Statement, das von einem "Center for AI Safety" veröffentlicht wurde.

Teil der Lösung der Probleme soll der "Global Digital Compact" (GDC) sein, den die UN angeregt habe, sagte Guterres. Darüber hinaus unterstützt er Forderungen nach einer Aufsichtsbehörde für KI nach Art der IAEA der UN, die für die Atomaufsicht zuständig ist. Das rasante Aufkommen der generativen Künstlichen Intelligenz sollte aber nicht von den Schäden ablenken, den die digitale Technologie der Welt heute bereits zufüge. Die Verbreitung von Hass und Lügen füge der Welt jetzt schon schweren Schaden zu, sie schüre Konflikte und Zerstörung, bedrohe Demokratie und Menschenrechte, die Gesundheit der Menschen und den Klimaschutz.

Soziale Medien hätten Gemeinschaften in Krisenzeiten unterstützt, Minderheiten eine Stimme verliehen und dazu beigetragen, emanzipatorische Bewegungen zu mobilisieren, hob Guterres hervor. Die Plattformen hätten auch den UN geholfen, Menschen weltweit in ihr Streben nach Frieden, Würde und Menschenrechten einzubinden. Dieselbe Technologie sei aber heute oft eine Quelle der Angst. So seien auch Friedensmissionen der UN ins Visier von Desinformation geraten, wodurch ihre Arbeit noch gefährlicher als ohnehin schon werde.

Der von Guterres vorgestellte Bericht "Policy Brief Information Integrity on Digital Platforms" (PDF) enthält Vorschläge dazu, wie den Missständen im digitalen Raum international begegnet werden könnte. Dabei sollen Regierungen dazu angehalten werden, Richtlinien zu schaffen, durch die Fakten, Meinungs- und Informationsfreiheit gefördert und Verschwörungsmythen und Lügen aufgedeckt werden.

"Einige Technologieunternehmen haben viel zu wenig getan, um zu verhindern, dass ihre Plattformen zu Gewalt und Hass beitragen", sagte Guterres. Diese Unternehmen würden dabei unterstützt, schwierige ethische und rechtliche Fragen zu bewältigen und Geschäftsmodelle auf der Grundlage eines "gesunden Informationsökoystems" aufzubauen.

Die UN wollen bis zu einem für Ende 2024 geplanten Zukunftsgipfel einen Verhaltenskodex für Integrität von Informationen auf digitalen Plattformen vorstellen. Kein verbindlicher Völkerrechtsvertrag, sondern eine Leitschnur für die digitale Zukunft soll der von Guterres angesprochene GDC sein. Der nun von ihm vorgestellte Bericht sei ein Teil des Weges dorthin.

Er enthält den Vorschlag, dass sich Regierungen, Wirtschaft und andere Interessengruppen verpflichten, Desinformation und Hassrede nicht zu verwenden, zu unterstützten oder zu verstärken. Werbetreibende sollten dafür verantwortlich gemacht werden, wenn sie von der Verbreitung schädlicher Inhalte profitieren. Journalisten sollte eine unabhängige Medienlandschaft gewährleistet werden.

In dem Bericht wird auch angeregt, dass insbesondere gefährdete Nutzer wie junge Menschen mehr Einfluss auf politische Entscheidungen haben sollten. Alle Nutzer sollten auf ihre eigenen Daten zugreifen können, die digitalen Plattformen zur Datentransparenz verpflichtet werden. Auf ihre riesigen Datenmengen sollten Forscher zugreifen können, wobei die Privatsphäre der Nutzer gewahrt bleibe, sagte Guterres.

Und sofort müsse sichergestellt werden, dass alle KI-Anwendungen sicher, ethisch integer und verantwortungsbewusst sind und nicht die Menschenrechte verletzen. In dem Policy Brief wird darauf verwiesen, dass ChatGPT nur zwei Monate gebraucht habe, um auf 100 Millionen monatlich aktive Nutzer zu kommen. Tiktok habe dafür 9 Monate gebraucht, Instagram 30 und Telegram 61.

(anw)