US-Abgeordnetenhaus stemmt sich beim Lauschgesetz gegen Bush

Das Repräsentantenhaus hat mit der Mehrheit der Demokraten eine Novelle des US-Gesetzes zum Abhören internationaler Telekommunikation für die Terrorabwehr verabschiedet, die keine Straffreiheit für Lauschgehilfen vorsieht.

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Das US-Repräsentantenhaus hat am Freitag eine Novelle des US-Gesetzes zum Abhören internationaler Telekommunikation im Rahmen der Terrorabwehr verabschiedet, das sich gegen die Wünsche von US-Präsident George W. Bush stemmt. Der Republikaner hatte zuvor wiederholt deutlich gemacht, dass er eine Klausel für die nachträgliche Einräumung von Straffreiheit für Telekommunikationsfirmen und andere Lauschgehilfen der US-Sicherheitsbehörden in der Neufassung des Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA) für unverzichtbar hält. Trotzdem votierten die Abgeordneten mit 213 zu 197 Stimmen erneut für einen Entwurf (PDF-Datei), der keine pauschale, rückwirkende "Amnestie-Regelung" enthält.

Diese harte Haltung der Demokraten, welche die Mehrheit im US-Kongress innehaben, ist neu. Bislang beließ es die Partei bei Überwachungsgesetzen immer bei scharfer Kritik, um in letzter Minute doch einzuknicken. Dahinter stand die Angst, im Falle eines Terroranschlags als Mitverursacher beschuldigt zu werden. So sprachen sich die Demokraten im US-Senat Mitte Februar für eine FISA-Novelle ganz im Sinne Bushs aus.

Doch Berichte über den Ausbau des Lauschapparats der National Security Agency (NSA) auf rechtlich wackeligem Boden und über den andauernden Missbrauch von Anti-Terror-Befugnissen durch das FBI haben die Stimmung in der Bevölkerung, der US-Presse und im demokratischen Lager gewandelt. Die Republikaner im Abgeordnetenhaus versuchten zwar noch am Donnerstag, die Demokraten in einer geheimen Sitzungen umzustimmen. Doch sie scheiterten damit genauso wie mit Werbespots, in denen führende Abgeordnete der Demokraten mit Osama bin Laden zusammen geschnitten wurden.

Einem Bericht der Washington Post zufolge wollen die Demokraten den Konflikt mit Bush nun offenbar aussitzen. Ein Sprecher des Weißen Hauses interpretierte die Entscheidung im Abgeordnetenhaus im üblichen Stil als "bedeutsamen Schritt zurück bei der Verteidigung unserer Landes gegen den Terrorismus". Bush selbst erklärte: "Das amerikanische Volk versteht, was in dieser Auseinandersetzung auf dem Spiel steht. Es will, dass seine Kinder vom Terror geschützt sind."

Nancy Pelosi, die Sprecherin der Demokraten im Repräsentantenhaus, hielt dagegen: "Der Präsident irrt". Das NSA-Lauschprogramm, gegen das sich rund 40 Klagen betroffener Bürger richten, sei niemals rechtmäßig gewesen. Bei dem Beharren der US-Regierung auf einer Immunitätsklausel gehe es nicht um die innere Sicherheit oder die Sorge um die beteiligten Firmen, sondern allein "um den Schutz der Administration". Telekommunikationsunternehmen und andere Hilfssheriffs sind nach Ansicht anderer Demokraten durch allgemeine Haftungsprivilegien in anderen Gesetzen bereits ausreichend abgesichert.

Dass ein Einlenken nicht bevor steht, untermauerte zugleich auch der Mehrheitsführer im Senat, der Demokrat Harry Reid. Ihm zufolge ist es nun an der Zeit für die Republikaner, "an den Verhandlungstisch zurückzukehren". Politiker von beiden Seiten erklärten die Kluft zwischen dem Weißen Haus und den Verhandlungsführern der Demokraten im Abgeordnetenhaus zugleich aber als so groß, dass die Streitfrage wohl erst nach der US-Präsidentschaftswahl im Herbst unter dann möglicherweise anderen Vorzeichen gelöst werden könne.

Eine FISA-Übergangslösung in Form des Protect America Act (PAA) ließ das Repräsentantenhaus Mitte Februar auslaufen. Alle darauf basierenden Überwachungsanordnungen gelten prinzipiell aber bis zu ein Jahr lang weiter. Auch danach steht es der US-Regierung offen, Verlängerungen durch den speziellen FISA-Gerichtshof zu beantragen.

Der vom Abgeordnetenhaus nun verabschiedete Gesetzesentwurf sieht vor, dass beklagte Lauschgehilfen sich hinter verschlossenen Türen allein vor einem Richter ohne Anwesenheit der Kläger verteidigen dürfen. Die Initiatoren des Kompromissvorschlags aus den Reihen der Demokraten wollen damit Bedenken der Regierung, in derlei Verfahren könnten für die nationale Sicherheit wichtige vertrauliche Informationen offen gelegt werden, den Boden entziehen. Darüber hinaus bedürften viele Überwachungsmaßnahmen künftig einer gerichtlichen Anordnung. Außerdem soll eine Untersuchungskommission mit Mitgliedern der beiden großen Parteien eingerichtet werden. Ihre Aufgabe wäre es, die vor und nach dem 11. September 2001 aufgelegten Lauschprogramme der Bush-Regierung zu untersuchen. (Stefan Krempl) / (ad)