US-Bürgerrechtler gehen gegen Patent auf Online-Tests vor

Die Electronic Frontier Foundation hat beim US-Patentamt einen Antrag auf Überprüfung eines Schutzanspruchs des Online-Dienstleisters Test.com gestellt, bei dem es um die Durchführung von Prüfungen im Netz geht.

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Die Electronic Frontier Foundation (EFF) hat beim US-Patentamt einen Antrag auf Überprüfung eines Schutzanspruchs des Online-Dienstleisters Test.com gestellt, bei dem es um die Durchführung von Prüfungen im Netz geht. Den US-Bürgerrechtlern geht das gewährte Monopol auf eine Methode für die Verwaltung, Benotung und Ergebnisaufbewahrung von Tests, Unterrichtseinheiten oder Befragungen im Internet deutlich zu weit. Das streitige Patent mit der Nummer 6,513,042 bedroht ihrer Ansicht nach den Markt für E-Learning, Online-Bücher mit integrierten Wissensabfragen, Zertifizierungsangebote im Web sowie für online ausgeführte Software-Tests. Auf dem Spiel stehe die akademische Freiheit und Innovationsfähigkeit. Besonders empört zeigt sich die EFF, dass Test.com das "illegitime Patent" bereits eingesetzt habe, um Lizenzzahlungen von Universitäten mit Fernlernprogrammen nebst Online-Prüfungen einzufordern.

Wie die für die Meinungsfreiheit kämpfende Organisation in ihrer 52-seitigen Eingabe (PDF-Datei) an das Patentamt darlegt, handelt es sich bei dem 1999 gewährten Schutzanspruch der in Cleveland, Ohio, beheimateten Firma anscheinend nicht um eine patentwürdige neue Erfindung. Demnach hatte zumindest der Konkurrent IntraLearn bereits seit spätestens 1998 eine vergleichbare Lösung für die Durchführung von Online-Examen im Angebot. Gemäß der "Prior Art"-Bestimmung im US-amerikanischen Patentsystem wäre der gewerbliche Rechtsschutz damit zu Unrecht gewährt worden und hinfällig, da vor der Einreichung des entsprechenden Patentantrags die beschriebenen Techniken bereits anderweitig benutzt wurden.

Für EFF-Anwalt Jason Schultz ist der Schutzanspruch von Test.com ein klares Beispiel für ein "betrügerisches Patent". Fälle wie dieser würden "die bestehenden Probleme mit dem gegenwärtigen Patentsystem verdeutlichen". Das US-Bildungssystem habe bereits mit schweren Etatkürzungen und Ressourcenknappheit zu kämpfen, empört sich der Jurist. "Da sollten wir nicht Mittel von der Lehre abzweigen, um schwindlerische Patentdrohungen zu bezahlen."

Der Einspruch gegen das Webpatent ist der zweite Überprüfungsantrag, den die EFF im Rahmen ihres Mitte 2004 gestarteten Patent Busting Project gestellt hat. Der erste, vom Patentamt inzwischen zugelassene Antrag bezieht sich auf einen Schutzanspruch der US-Firma Clear Channel auf ein Verfahren zur Aufzeichnung von Live-Musik. Mit dem virtuellen Pranger für Trivialpatente will die EFF allgemein auf "Verbrechen am Gemeinbesitz" aufmerksam machen und zu weit gefasste gewerbliche Schutzrechte im Computersektor bekämpfen. Test.com hatte nach der Aufnahme seines Patents auf die "Fahndungsliste" zunächst mit einer Mitteilung reagiert, dass sich der Anspruch nur auf kommerziell durchgeführte Online-Prüfungen beziehe und man noch keine Organisation bedroht habe.

Der Streit um Softwarepatente in den USA wird momentan auch auf oberster juristischer Ebene ausgefochten, da sich der Supreme Court mit einer patentrechtlichen Auseinandersetzung zwischen eBay und MercExchange befasst. Es geht dabei um die "Sofort Kaufen"-Funktion des Auktionshauses und die Wirksamkeit einer einstweiligen Verfügung gegen eBay. In diesem Rechtsstreit hat die EFF eine Stellungnahme eingebracht, um in diesem Rahmen ebenfalls auf die Bedrohung der Meinungsfreiheit durch zu breite gewerbliche Schutzansprüche aufmerksam zu machen.

Zu den Auseinandersetzungen um Softwarepatente unter anderem in Europa und um die die EU-Richtlinie zur Patentierbarkeit "computer-implementierter Erfindungen" siehe den Artikel auf c't aktuell (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den aktuellen Meldungen):

(Stefan Krempl) / (jk)