US-Gericht ebnet Weg für mehr Überwachung

Ein US-Gericht hat am Montag den Justizbehörden die Möglichkeit gegeben, Überwachungsmaßnahmen nach dem "USA Patriot Act" jetzt voll auszuschöpfen.

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Von
  • Wolfgang Stieler

Der nicht öffentlich tagende Foreign Intelligence Surveillance Court of Review, dessen Besetzung ebenfalls nicht bekannt ist, hat am Montag das Urteil einer untergeordneten Instanz vom Mai aufgehoben und damit den US-Justizbehörden die Möglichkeit gegeben, Überwachungsmaßnahmen nach dem "USA Patriot Act" voll auszuschöpfen.

Nach dem Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA) dürfen US-Ermittlungsbehörden abhören und überwachen, auch wenn kein konkreter Verdacht einer Straftat vorliegt, falls die überwachte Person für eine fremde Macht in den USA spioniert oder terroristische Zwecke verfolgt. Im Zuge der Watergate-Affäre wurden die sich daraus für die Justizbehörden ergebenden Möglichkeiten jedoch erheblich eingeschränkt: So dürfen bisher beispielsweise nur solche Erkenntnisse, die aus Abhöraktionen resultieren, in Strafverfahren verwendet werden, die tatsächlich unmittelbar für dieses Strafverfahren relevant sind. Ein an dem Verfahren nicht beteiligter Justizbeamter muss in solchen Fällen die Überwachungsakte sichten und darf sie nur auszugsweise an seine Kollegen weitergeben.

In den Ausführungsbestimmungen zum so genannten Patriot Act sind diverse Einschränkungen dieser Art aufgehoben worden. Die untere Instanz, der als "Spionage-Gericht" bezeichnete Foreign Intelligence Surveillance Court, hatte die weit reichenden Überwachungsmaßnahmen im Mai jedoch noch als verfassungswidrig bezeichnet. Das Berufungsgericht kassierte dieses Urteil jetzt und macht damit den Weg frei für die Umsetzung der Gesetzesänderung.

Justizminister John Ashcroft begrüßte das Urteil und sprach von einem "Sieg für die Freiheit und die Sicherheit des amerikanischen Volkes". Es sei eine Entscheidung, "die unsere Fähigkeit revolutioniert, Terroristen zu ermitteln und Terroranschläge zu ahnden". Bürgerrechtler wie die American Civil Liberties Union (ACLU) kritisierten das Urteil dagegen scharf. Sie befürchten, dass die wesentlich niedrigeren Hürden des FISA-Gesetzes verwendet werden könnten, um die existierenden gesetzlichen Einschränkungen für Abhöraktionen, die Überwachung von E-Mails und die -- unter Umständen auch geheime -- Durchsuchung von Privatbesitz zu unterlaufen. Beobachter sehen in dem Urteil zudem einen ersten Schritt zur Schaffung einer kaum zu kontrollierenden inländischen Sicherheitsbehörde, die Polizei- und Geheimdienstbefugnisse auf sich vereint. "Wir sind zutiefst enttäuscht von dieser Entscheidung, die nahe legt, dass dieses Sondergericht nur geschaffen wurde, um Regierungsanträge für umfassende Überwachungspraktiken abzusegnen", sagte ACLU-Anwältin Ann Beeson.

Ashcroft kündigte auf einer Pressekonferenz eine Reihe von Sofortmaßnahmen an: Ein neues Computersystem soll Ermittlern helfen, schnell Gerichtsbeschlüsse für Überwachungsmaßnahmen zu erhalten; die Zahl der FBI-Beamten soll verdoppelt werden, die mit Überwachungstechniken arbeiten; in jedem Büro der Staatsanwaltschaft soll ein Beauftragter für derartige Fälle ernannt werden.

Siehe dazu auch in Telepolis: (wst)