US-Handelsministerium schreibt IANA noch nicht aus

Am 31. März läuft der bestehende Vertrag des US-Handelsministeriums mit der ICANN aus. Anstelle einer erwarteten Ausschreibung hat das Ministerium zunächst ein "Request for Information" veröffentlicht.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 4 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Dem eigenen Zeitplan hinkt die US-Verwaltung schon etwas hinterher, gestern aber erschien beinahe unbemerkt die lange erwartete "Ausschreibungsnotiz" zum Betrieb der Internet Assigned Numbers Authority (IANA). Am 31. März läuft der bestehende Vertrag des US-Handelsministeriums mit der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) aus. Eine mögliche, echte Neuausschreibung war fristgemäß von Beobachtern daher schon Anfang des Jahres erwartet worden. Tatsächlich beschränkt sich das Handelsministerium auf einen "Request for Information". Sie will von interessierten Kreisen lediglich mögliche "Optionen" für den IANA-Betrieb vorgeschlagen bekommen. "Bewerbungen sind zu diesem Zeitpunkt nicht möglich und werden nicht beantwortet", heißt es in der offiziellen Verlautbarung. Zudem "stellt diese Notiz keinerlei Verpflichtung von Seiten der US-Regierung dar".

Die IANA ist das Herzstück der Internetverwaltung. Sie kümmert sich neben der Eintragung von Protokollnummern – etwa den Nummern der für bestimmte Dienste verwendeten Ports – um die zentrale Rootzone und schließlich die Vergabe von IP-Adressen. Besonders die Aufsicht über den Rootbetrieb, der auch die Eintragung von Änderungen bei allen exisitierenden nationalen Top Level Domains umfasst, war ein Zankapfel zwischen verschiedenen Regierungsvertretern beim Weltgipfel der Informationsgesellschaft im vergangenen November.

Die Mehrzahl der Regierungen hatte eine Loslösung der Aufsicht von der US-Verwaltung gefordert, viele Regierungen bestehen auf die Unterstellung unter ein internationales Regierungsgremium. Vertreter der Zivilgesellschaft hatten andererseits eine komplette Privatisierung vorgeschlagen. Beim Weltgipfel konnte keine Einigung erzielt werden. Das Thema steht aber im Rahmen der Einberufung des Internet Governance Forum erneut auf dem Programm. Ob die am Tisch sitzenden Regierungen vorab vom IANA-Verfahren informiert waren, ist unklar.

Beim Timing hat man in den USA offenbar durchaus gerne gewartet, bis das erste IGF-Vorbereitungstreffen über die Bühne gegangen ist. Ein australischer Vertreter hatte dort über Verhandlungen mit den USA zur in Tunis beschlossenen "verbesserten Zusammenarbeit" berichtet, die allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Eine Anfrage bei der EU-Ratspräsidentschaft zur Teilnahme der EU an diesen Verhandlungen beschied der zuständige Sprecher in Wien mit dem Hinweis, man gebe derzeit keinerlei Kommentar zu dem Thema ab.

Von den Interessierten möchte das US-Handelsministerium nun hören, wie sie jede der drei Dienste erbringen würden, dies wohlgemerkt unter allen einschlägigen "US-Gesetzen, Verordnungen, Regeln und Verfahren". Zudem sollen die "Nicht-Bewerber" ihre bestehenden Beziehungen zur Gemeinde der Internetentwickler, zum Bereich der Standardisierung, zum den Regionalen IP-Adress-Registries, zu den Betreibern der nationalen Top Level Domain Registries (zum Beispiel .de, .us), zu den Betreibern der Registries für generische Top Level Domains und, natürlich, zu den Regierungen, beziehungsweise für nationale Top Level Domains zuständigen öffentlichen Insitutionen darlegen. Mit Blick auf diese Frage, dürfte ICANN durch seine bestehenden Verbindungen auf einen unschlagbaren Vorsprung hinweisen können. Ähnliches gilt angesichts der Frage nach der Finanzierung der Dienste, für die die US-Regierung, so die Notiz, bisher selbst nichts bezahlt.

So scheint die "Nicht-Ausschreibung" gezielt auf ICANN zugeschnitten. Ob sich diesem Verfahren eine echte Ausschreibung anschließen wird, darüber war aus dem US-Handelsministerium und der für die ICANN zuständigen National Telecommunciations and Information Administration (NTIA) noch nichts in Erfahrung zu bringen. Anfragen von heise online blieben vorerst unbeantwortet. (anw)