US-Justiz besetzt Domain-Namen

Das US-Justizministerium besetzt neuerdings Internet-Seiten, die als illegal angesehen werden, und leitet dabei die Domain-Namen im DNS auf staatliche Server um.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Peter-Michael Ziegler

Die US-Justiz wendet im Kampf gegen die Online-Kriminalität offenbar eine neue Taktik an: Internet-Seiten, auf denen Produkte oder Informationen angeboten werden, die gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen, werden nicht mehr nur einfach aus dem Web verbannt, sondern die Behörden leiten die Domain-Namen im DNS mit richterlicher Genehmigung neuerdings auf eigene Server um und informieren den Surfer dort über den Hintergrund der Domain-Besetzung.

Bekannt wurde diese Praxis erstmals Anfang der Woche, als US-Behörden gegen die Betreiber von Online-Headshops im Land vorgingen. Zahlreiche Personen wurden beschuldigt, über das Internet mit Utensilien gehandelt zu haben, deren vorrangiger Bestimmungszweck es sei, Drogen zu konsumieren -- Haschischpfeifen, Bongs oder kleine Metalllöffelchen zum Kokain-Konsum etwa. Die entsprechenden Internet-Präsenzen wurden geschlossen und Surfer auf staatliche Seiten gelenkt, auf denen ihnen mitgeteilt wurde, dass die Websites nun unter der Kontrolle der Justiz stehen.

Auf gleiche Weise wurde am gestrigen Mittwoch die populäre Warez-Site iSoNews.com vom US-Justizministerium übernommen. Der Betreiber David Rocci hatte sich schuldig bekannt, gegen den Digital Millennium Copyright Act (DMCA) verstoßen zu haben, weil er auf der Website mit illegalen Xbox-Modchips gehandelt hatte, die zum Cracken des Kopierschutzes der Spielekonsole genutzt werden können. In den Foren der Warez-Site hatten Teilnehmer zudem Tipps zur Beschaffung von illegalen Software-Kopien ausgetauscht. Die Seite soll mehr als 100.000 registrierte Benutzer und bis zu 140.000 Seitenabrufe pro Tag haben.

Rocci habe versucht, Profit aus dem Vermarkten technischer Hilfsmittel zu ziehen, mit denen sich Kopierschutz-Vorrichtungen aushebeln lassen, erläuterte Michael Chertoff vom Justizministerium gegenüber US-Medien. "Er dachte, ihm passiert nichts, aber da hat er sich getäuscht. Jeder, der in der Warez-Szene aktiv ist, sollte diesen Vorfall als Warnung nehmen." Am 7. März wird vor dem Bundesgericht in Alexandria, Virginia über die Konsequenzen für Rocci verhandelt. Ihm wird vorgeworfen, unter dem Pseudonym "krazy8" rund 450 so genannte Enigmah-Chips im Wert von insgesamt 28.000 US-Dollar verkauft zu haben. Als "Commercial Violator" des DMCA drohen ihm nun bis zu fünf Jahren Haft und eine Geldstrafe von bis zu 500.000 US-Dollar.

Wer die Website iSoNews.com über die Eingabe des Domain-Namen aufsucht, landet zurzeit in der Tat auf einer Seite der US-Regierung. "The domain and web site were surrendered to U.S. law enforcement pursuant to a federal prosecution and felony plea agreement for conspiracy to violate criminal copyright laws" heißt es dort. Wer hingegen die IP-Adresse 66.201.243.170 eingibt, stellt schnell fest, dass diese Aktion von den zahlreichen Besuchern der Website wohl nur mit einem müden Lächeln quittiert wird: Der Austausch in den Foren zu den neuesten Software-Cracks geht unvermindert weiter.

Unter Datenschützern werden unterdessen die rechtlichen Konsequenzen für die Besucher der (teilweise) gesperrten Seiten diskutiert. Die Datenschutzbestimmungen des Justizministeriums erlauben nämlich explizit die Weitergabe von personenbezogenen Informationen an das FBI. So heißt es etwa: "We may take additional steps to identify you based on this information, and we may share this information, including your identiy, with other government agencies." (pmz)