US-Justiz untersucht Beteiligung von Banken an Online-Glücksspielgeschäft

Im Visier hat das US-Justizministerium unter anderem die Deutsche Bank und die Investment-Banking-Sparte der Dresdner Bank, die am Börsengang des Online-Poker-Spezialisten PartyGaming beteiligt waren.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Im vergangenen Oktober unterzeichnete US-Präsident George W. Bush mit dem Unlawful Internet Gambling Enforcement Act ein Gesetz, das hohe Geldbußen für Banken, Kreditkarten-Unternehmen und Online-Bezahldienste vorsieht, die finanzielle Transaktionen mit Internet-Casinos abwickeln. US-Bürger, die beim Online-Gambling erwischt werden, müssen ebenfalls mit empfindlichen Strafen rechnen. Im Visier hat die US-Justiz aber auch die Szene im Hintergrund: Investment-Banken, die durch Beratungsgeschäfte oder Beteiligungen an Internet-Casinos und -Wettanbietern entscheidend vom Multi-Milliarden-Dollar-Geschäft Online-Gambling profitieren.

Laut einem Bericht der britischen Zeitung Sunday Times laufen derzeit Untersuchungen gegen zahlreiche Finanzinstitute, Wirtschaftsprüfer und Anwaltskanzleien, die beim Börsengang von Glücksspiel- und Wettanbietern wie PartyGaming oder 888.com in London beteiligt waren – darunter auch nicht-amerikanische Unternehmen wie HSBC, Dresdner Kleinwort, Credit Suisse oder die Deutsche Bank, die Geschäftssitze an der New Yorker Wall Street unterhalten. Die Firmen wurden vom US-Justizministerium angewiesen, E-Mails, Berichte, Telefonnotizen und sonstige Unterlagen einzureichen, die im Zusammenhang mit den Börsengängen stehen.

Während HSBC und Credit Suise die Online-Glücksspiel-Gruppe 888.com mit Sitz in Gibraltar berieten, die beim Börsengang im September 2005 eine Marktkapitalisierung von umgerechnet 866 Millionen Euro erzielte, waren Dresdner Kleinwort und die Deutsche Bank am IPO von PartyGaming (ebenfalls Gibraltar) beteiligt. PartyGaming kam beim Börsenstart im gleichen Jahr sogar auf eine Marktkapitalisierung von umgerechnet mehr als sieben Milliarden Euro und überflügelte damit Traditionsunternehmen wie British Airways und die Supermarktkette J Sainsbury. PartyGaming ist vor allem auf Online-Poker fokussiert, 888.com bietet Casinospiele wie Online-Black-Jack und -Roulette an.

Das Engagement der Wall Street beschränkt sich aber nicht nur auf Beratungstätigkeiten: Nach Zahlen der New York Times hielt beispielsweise der Vermögensverwalter und Finanzdienstleister Fidelity Management Ende 2005 etwa 14,1 Prozent der ausgegebenen Aktien des Online-Wettanbieters SportingBet, was einer damaligen Marktkapitalisierung von 363 Millionen US-Dollar entsprach. Merrill Lynch kam auf 164 Millionen und Goldman Sachs auf 137 Millionen US-Dollar. Goldman Sachs und Morgan Stanley traten zudem als Großinvestoren bei BetOnSports auf, damals ebenfalls ein an der Londoner Börse notierter Anbieter von Sportwetten und Online-Casino-Betreiber.

Nach der Verhaftung von CEO David Carruthers in den USA ist BetOnSports inzwischen aber von der Bildfläche verschwunden. Die meisten anderen Online-Glücksspielanbieter haben als Reaktion auf die verschärfte Gesetzeslage in den Vereinigten Staaten ihr US-Geschäft eingestellt. Dass das US-Justizministerium Vorgänge auch außerhalb Amerikas untersucht, beurteilen die beteiligten Unternehmen als kritisch. "Es gibt kein Zweifel daran, dass die Situation derzeit eskaliert", zitiert die Sunday Times einen Geschäftsmann aus Londons Banker-Kreisen. Ein anderer bezeichnete die Untersuchungen durch US-Behörden als "Rechtsverletzungen auf britischem Territorium".

Anders als die USA, die das zunehmende Interesse an Online-Glücksspielen durch Verbote und drakonische Strafen eindämmen wollen, setzt Großbritannien auf einen regulatorischen Ansatz. Einem Bericht der BBC zufolge ist auf der Insel sogar die Vergabe von offiziellen Lizenzen für Online-Casinos angedacht. In Deutschland hatten sich die Ministerpräsidenten der Länder zuletzt dafür ausgesprochen, das staatliche Glücksspielmonopol um weitere vier Jahre zu verlängern, das Wetten im Internet und das Bewerben von Wetten ab 2008 aber zu verbieten. Das Bundesverfassungsgericht hatte zuvor festgestellt, dass das Monopol nur dann aufrechterhalten werden könne, wenn der Staat die Werbung für Glücksspiele deutlich einschränkt und die Spielsucht der Bevölkerung stärker bekämpft. (pmz)