US-Justiz zweifelt an Gates' Glaubwürdigkeit

Dramatischer Auftakt im Anti-Trust-Prozeß gegen Microsoft: Am ersten Verhandlungstag versuchten Anwälte des US-Justizministeriums (DOJ – Department of Justice) die Glaubwürdigkeit von Mi

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Von
  • Egbert Meyer

Dramatischer Auftakt im Anti-Trust-Prozeß gegen Microsoft: Am ersten Verhandlungstag versuchten Anwälte des US-Justizministeriums (DOJ – Department of Justice) die Glaubwürdigkeit von Microsoft-Chef Bill Gates zu erschüttern und Microsofts Verteidigungsstrategie zu unterminieren. In einer vorgerichtlichen Vernehmung hatte der Microsoft-Chef bestritten, an Vorbereitungen zu einem Meeting zwischen Vertretern von Microsoft und Netscape beteiligt gewesen zu sein. Bei dem Treffen im Juni 1995 soll Microsoft dem Konkurrenten angeboten haben, mit einer größeren Summe bei Netscape einzusteigen, wenn sich die Firma aus dem Windows-Geschäft heraushalte.

Die Gates-Verhöre, die Ermittler auf Videos aufzeichneten, bekommen nun neues Gewicht. DOJ-Anwalt David Boies führte im Gerichtssaal unter anderem einen Videoclip vor, auf dem Gates behauptet, von dem angeblichen Gipfeltreffen der Browser-Hersteller erst aus einem Artikel im Wall Street Journal erfahren zu haben. Nach der Videovorführung konfrontierte Boies das Gericht mit Microsoft-internen Memos, in denen Gates am 31. Mai 1995 den Abschluß eines "mächtigen Deals" mit Netscape empfahl: "Wir könnten [Netscape] Geld anbieten, ihnen etwas abkaufen oder dergleichen. Ich würde begrüßen, wenn uns das gelingt." Microsoft reagierte auf den Versuch, Gates' Aussagen in Zweifel zu ziehen, verärgert: Die Ankläger bedienten sich eines "Spiels mit Worten" und rissen Aussagen aus dem Gesamtzusammenhang.

Am Prozeßabend veröffentlichte das Justizministerium ein Faksimile der vorgerichtlichen Vernehmungen von Netscape-CEO James Barksdale . Das 127seitige Dokument enthält eine Reihe bisher nicht bekannter Details zu Microsofts angeblichen Geschäftspraktiken. Unter anderem behauptet Barksdale, Microsoft habe Internet-Provider mit hohen Geldbeträgen dazu angehalten, Netscapes Navigator die Unterstützung zu entziehen. So sei 1996 Erol's Internet, dem damals größten Provider der Ostküste, die teilweise Übernahme des Werbeetats in Aussicht gestellt worden. Auch die Telekom Neuseelands sollte von der microsoftschen Kriegskasse profitieren: Als Gegenleistung für einen Umstieg auf den Internet Explorer sei dem Unternehmen eine kostenlose Ausstattung der 9000 Telekom-Computer mit Microsoft-Betriebssystemen angeboten worden. (em)