US-Patentamt erweitert Test zum "Peer Review" von Patentanträgen

Die Washingtoner Behörde hat das Pilotprojekt zur öffentlichen Suche nach Hinweisen auf den Stand der Technik bei Patentanträgen ausgebaut, während ein Experte ein zu weitgehendes Outsourcing der Prüfung beklagt.

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Das US-Patentamt will sein vor einem Jahr gestartetes Pilotvorhaben zur öffentlichen Suche nach Hinweisen auf den Stand der Technik bei Anträgen auf gewerbliche Schutzrechte verlängern und deutlich ausweiten. Künftig soll die Zahl der im "Peer to Patent"-Projekt zu begutachtenden Anmeldungen von 250 auf 400 anwachsen, teilte die Washingtoner Behörde vergangene Woche mit. Zudem soll auch die vom US Supreme Court derzeit hinterfragte Kategorie von Patenten auf Geschäftsmethoden einbezogen werden. Bisher war der Probelauf auf computerbezogene Erfindungen beschränkt.

Bei dem Projekt geht es darum, dass registrierte Freiwillige Patentanträge vor einer Prüfung durch das Patentamt auf eventuell bereits dokumentierte frühere Erfindungen hin unter die Lupe nehmen können. Teilnehmer können bis zu zehn Hinweise auf entsprechende "Prior Art" einreichen. Unterstützt wird der um ein Jahr verlängerte Probelauf von der New York Law School. Zu den Firmen, die bisher Anmeldungen für gewerbliche Schutzrechte zur Verfügung gestellt haben, gehören unter anderem IBM, Microsoft, Hewlett-Packard, Sun Microsystems, Intel, General Electric (GE), Red Hat, Cisco Systems und Yahoo. Neu dazugekommen ist nun auch Goldman Sachs. Organisationen oder Personen, die ihre Anträge für öffentliche Kommentare freigeben, dürfen den neuen Regeln nach bis zu 25 Anmeldungen einreichen. Bisher war diese Zahl auf 15 begrenzt.

Dem Herausgeber des Internet Patent News Service, Greg Aharonian, geht das Einspannen fremder Hilfskräfte bei der Betrachtung von Patentanträgen allerdings zu weit. Der Experte, der allerdings mit seinem Dienst selbst Beteiligter an der Auseinandersetzung um Patente ist, will Hinweise darauf gefunden haben, dass das US-Patentamt gezielt Outsourcing von Prüfaufträgen betreibt. Damit habe sich die Qualität der Kontrolle von Anmeldungen gewerblicher Schutzrechte deutlich verschlechtert. Für den Jäger fauler Patente kommt das kritsiierte Verhalten einem Betrug gleich, da die Einreicher von Anträgen rund 1800 US-Dollar für eine professionelle Suche nach dem Stand der Technik und Hinweise auf bereits erfolgte Erfindungen zahlen müssten.

Stutzig gemacht hat Aharonian laut einem Posting auf seinem E-Mail-Nachrichtendienst, dass in einer Reihe von ihm analysierter Patentprüfungen die schriftlichen Stellungnahmen der Prüfer fehlen. Abgesegnet worden seien die Checks von der Gruppe 3900, die nicht im Verzeichnis der Technologie-Center der Behörde gelistet ist. Die Namen der einzelnen Unterzeichner der Suchergebnisse, die Aharonians Argwohn erregt haben, seien dagegen in der Übersicht der Manager der einzelnen Center aufgeführt. Konkrete Prüfer habe die 3900-Einheit, die laut einem Wikibooks-Eintrag für erneute Untersuchungen von bereits erteilten Patentanträgen zuständig ist, offenbar nicht.

Ihm habe sich der Verdacht aufgedrängt, meint Aharonian, dass angesichts des großen Rückstaus an liegenbleibenden Anträgen die eigentliche Arbeit mehr schlecht als recht von staatlich nicht zertifizierten Patentanwälten in einschlägigen Kanzleien in der Nähe Washingtons durchgeführt worden ist. Mitarbeiter des Amtes aus der Gruppe 3900 hätten die zugelieferten Vorlagen dann nur noch abgestempelt. Auf eine Nachfrage von heise online zu den Tätigkeiten der Einheit und zu den Vorwürfen Aharonians antwortete die angegriffene US-Behörde nach anderthalb Wochen bislang nicht.

Zum "Peer to Patent"-Projekt der US-Patenbehörde siehe auch:

  • Patentamt 2.0, Erste Erfahrungen mit dem Peer Review von Patentanmeldungen in den USA, c't 16/08, S. 43

Zum Patentwesen sowie zu den Auseinandersetzungen um Softwarepatente und um die EU-Richtlinie zur Patentierbarkeit "computer-implementierter Erfindungen" siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den aktuellen Meldungen):

(Stefan Krempl) / (jk)