US-Patentbehörde: Filesharing macht unbedarfte Nutzer zu Kriminellen

Eine Studie des US-Patent- und Markenamts wirft den Anbietern von P2P-Filesharing-Software vor, ihr Geschäft auf dem Rücken der unbedarften Jugend zu machen. Nutzer dieser Software würden häufig ohne ihr Wissen zu Urheberrechtsverletzern.

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Von
  • Monika Ermert

Nutzer von P2P-Filesharing-Programmen würden häufig ohne ihr Wissen zu Urheberrechtsverletzern, warnt das US Patent and Trademark Office (USPTO). Die US-Behörde malte in einer jetzt veröffentlichten Auftragsstudie (PDF-Datei) ein düsteres Szenario und forderte weitere Untersuchungen, um die betrügerische Natur gebräuchlicher P2P-Software festzustellen. Durch automatische Redistribution von lokal gespeicherten Mediendateien, durch Suchläufe und automatische Freigabe bestimmter Datenbereiche sorgten die P2P-Distributoren dafür, dass Dateien vom Rechner des Nutzers auch ohne dessen Wissen und Zutun im entsprechenden Netz verbreitet würden, meint man beim USPTO. Untersucht wurden in der Studie mit dem Titel "Filesharing Programs and “Technological Features to Induce Users to Share" KaZaa, BearShare, eDonkey, LimeWire und Morpheus.

Den P2P-Programmierern und Plattformanbietern wird in dem Bericht eine erhebliche kriminelle Energie im Bemühen unterstellt, urheberrechtsrelevante Daten aus dem Fundus des Nutzers verfügbar zu machen. Zwar hätten vier der fünf in der Studie untersuchten P2P-Softwareanbieter 2003 einen Code of Conduct unterzeichnet, in dem sie eine ausdrückliche Entscheidung des Nutzers über die zum Tausch verfügbaren Daten auf seinem Rechner für verpflichtend erklären. Tatsächlich aber sei die Redistribution in der Folge nur noch intransparenter geworden, beklagen die Autoren der Studie.

Eine Deaktivierung der automatischen Redistribution von auf dem Rechner eines Anwenders verfügbaren Mediendateien sei darüber hinaus häufig gezielt erschwert. Selbst erfahrene Nutzer täten sich manchmal schon schwer damit, Zwangs-Uploads zu verhindern. Besonders jugendliche, unerfahrene Nutzer hätten praktisch keine Chance und würden teilweise sogar gezielt hintergangen und in den Glauben versetzt, der Zugriff auf lokale Ordner ihres Computers sei nicht aktiviert. So sei es kaum verwunderlich, dass in Einzelfällen Zwölfjährige zu Top-Anbietern urheberrechtlich geschützter Inhalte würden. Vergleichbar, wenn auch in der Studie außer Acht gelassen, sei etwa die ungefragte Nutzung von Rechnerkapazitäten der Nutzer als Super-Nodes. Auch dabei stünden die Nutzer praktisch mit einem Bein im Gefängnis beziehungsweise riskierten als Besitzer von Rechnern, über die kriminelle Aktivitäten laufen könnten, Milliarden-Strafen.

Die Studie wirft den P2P-Anbietern geradezu vor, ihr Geschäft auf dem Rücken der unbedarften Jugend zu machen. Die Anbieter lenkten juristische Attacken der Urheberrechtsinhaber auf eine Klientel, für die es wiederum viel Verständnis in der Öffentlichkeit gebe. Doch dürften die "Raubkopierer wider Willen" keineswegs mit der Sympathie der Urheberrechtsinhaber rechnen, kontert der Bericht jegliche Befürwortung juristischer Milde. Zum einen sei davon auszugehen, dass sich neben Tausenden von unbemerkt zum Tausch freigegebenen Dateien auch oftmals bewusst illegal heruntergeladene beziehungsweise zum Tausch freigegebene Dateien fänden, meinen die Autoren. Zum anderen sei kaum zu rekonstruieren, was der Nutzer tatsächlich bewusst gemacht habe; er müsse sich daher die Verletzungen erst einmal zurechnen lassen. Fühle er sich betrogen, könne er ja gegen den P2P-Anbieter klagen, bezieht sich die Studie auf eine Gerichtsentscheidung. Die Benutzung von P2P bleibe, betont das USPTO, jedenfalls ein Risiko für die Nutzer.

Dabei bleibt das Patent- und Markenamt aber beileibe nicht stehen: P2P gefährde nicht nur das Urheberrecht, sondern auch die nationale Sicherheit. "Die P2P-Filesharing-Software ist auch eine echte Gefahr für die Sicherheit von Personen- und Unternehmensdaten und die Daten der nationalen Regierung. Der Bundesregierung wurde diese Gefährdung im Jahr 2005 vor Augen geführt, als das Department of Homeland Security alle Behörden warnte, dass Regierungsbeamte oder Vertragspartner, die Filesharing-Programme nutzten, wiederholt die nationale und militärische Sicherheit kompromittiert hätten, indem sie sensible oder geheime Daten mit getauscht hatten."

"Vor einem Jahrzehnt hätte niemand gedacht, dass Urheberrechtsverletzungen eine Gefahr für die persönliche oder die nationale Sicherheit darstellen könnten," sagte Jon Dudas, der als "Under Secretary of Commerce for Intellectual Property" auch Chef des USPTO ist. "Heute ist diese Gefahr real und wir müssen ihre Gründe verstehen und Lösungen dafür finden." Folgt die US-Regierung den Empfehlungen der Studie, müssen sich P2P-Anbieter gegen weitere juristische Kämpfe rüsten.

Zu den Diskussionen um das geistige Eigentum, zu den juristischen Streitigkeiten um das Urheberrecht und zur Novellierung des deutschen Urheberrechtsgesetzes siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den Gesetzesentwürfen und -texten):

(Monika Ermert) / (jk)