US-Regierung drückt Krypto-Exportverbote durch

Die 33 Mitgliedstaaten des Wassenaar-Abkommens, einem Nachfolger des COCOM-Exportkontrollabkommens, beschlossen am 4. 12.

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Von
  • Norbert Luckhardt

Die 33 Mitgliedstaaten des Wassenaar-Abkommens, einem Nachfolger des COCOM-Exportkontrollabkommens, beschlossen am 4. 12. einstimmig weitreichende Veränderungen für die Exportkontrolle von Kryptographieprodukten; die Vereinbarungen müssen allerdings noch ratifiziert werden. Deutschland zählt zu den Unterzeichnerstaaten.

Wie aus einer Pressemitteilung der US-amerikanischen Handelskammer hervorgeht, werden alle Exportkontrollen für Krypto-Produkte unter 56 Bit beseitigt. Dasselbe gilt für DVD-Produkte und schnurlose Telefonsysteme im Heim- und Bürogebrauch. Im Gegenzug wird die Exportkontrolle auf Krypto-Produkte über 64 Bit erweitert, die für den Massenmarkt bestimmt sind.

Im Gegensatz zum US-Recht war solche Hard- und Software von Exportkontrollen nach den Wassenaar-Vereinbarungen bislang nicht betroffen. Faktisch erscheint die neue Regelung als Ausdehnung der schärferen US-Restriktionen auf alle Wassenaar-Mitgliedsstaaten. Prinzipiell müssen diese dann auch den Export des Verschlüsselungsprogramms PGP kontrollieren: vermutlich müßten die bisherigen Download-Möglichkeiten im Internet beschränkt werden, damit Nicht-Wassenaar-Mitgliedstaaten keinen Zugang erhalten können. Einzelheiten über das Exportverfahren sind allerdings bislang noch unbekannt.

Zur Zeit tagen die Wassenaar-Mitgliedstaaten noch an einem unbekannten Ort in Wien. Die US-Pressemitteilung wurde noch während der Sitzung formuliert und an die Öffentlichkeit gegeben, vom Wiener Wassenaar-Büro gibt es noch keine Stellungnahme. US-Krypto-Botschafter David Aaron begrüßte die Entscheidungen als "Bekräftigung" der US-Politik. Vom deutschen Bundeswirtschaftministerium sowie deutschen Politikern liegen noch keine Stellungnahmen vor. Nach Ansicht von Ingo Ruhmann, Vorstandsmitglied des Forums InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftlicher Verantwortung (FIfF), soll nun auch nach dem kalten Krieg das COCOM-Regime weitergeführt werden: "Mit dem Schreckgespenst von Infowarfare und Cyber-Terrorismus werden die andauernden Exportkontrollen für IT-Produkte begründet." Dahinter stecke die "alte Neugier der Geheimdienste, ihre Ohren überall hineinzustecken". Dies sei ein Schritt zur Militarisierung der Informationsgesellschaft. (Christiane Schulzki-Haddouti)

Siehe auch "Update Kryptopolitik" (nl)