US-Richter protestiert mit Rücktritt gegen Bushs Überwachungspolitik

Weil US-Präsident Bush ein Bespitzelungsprogramm gegen Bürger im eigenen Land autorisiert hatte, ohne zuvor eine richterliche Genehmigung einzuholen, nimmt jetzt ein hochrangiger Richter seinen Hut.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Das Eingeständnis von US-Präsident George W. Bush, schon vor Jahren ein Bespitzelungsprogramm des US-Nachrichtendienstes NSA (National Security Agency) gegen Bürger im eigenen Land autorisiert zu haben, ohne dafür die verfassungsmäßig vorgeschriebene richterliche Genehmigung einzuholen, sorgt in den Vereinigten Staaten zunehmend für Empörung. Aus Protest gegen die Bush-Politik erklärte jetzt erstmals auch ein Richter des Foreign Intelligence Surveillance Court (FISC) seinen Rücktritt. Das Gericht hat die Aufgabe, die Einhaltung des Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA) zu überwachen, das den Einsatz von geheimdienstlichen Mitteln zur Spionageabwehr in den USA regelt.

James Robertson, der 1994 vom damaligen US-Präsidenten Bill Clinton zum Bundesrichter am U.S. District Court für den Regierungsbezirk Columbia ernannt wurde und seit 2002 dem FISC angehörte, gab öffentlich zwar keine Gründe für seinen Rücktritt an – im privaten Kreis soll er laut US-Medien aber geäußert haben, die von Bush ohne richterliche Anordnung veranlassten NSA-Überwachungseinsätze seien in seinen Augen "rechtlich fragwürdig" und würden die Arbeit des Gerichts unterminieren. Der 1978 einberufene Foreign Intelligence Surveillance Court mit seinen insgesamt elf Richtern galt bislang als einzige Instanz, die über Anträge zur Zulassung von Abhörmaßnahmen im Zuge der Abwehr geheimdienstlicher Aktivitäten fremder Mächte entscheiden darf.

Die US-Regierung beharrt indes auf dem Standpunkt, die Überwachung von Telefonen und E-Mails von US-Bürgern, die verdächtigt werden, Verbindungen zu Terrororganisationen zu unterhalten, sei durch den Patriot Act legitimiert, weshalb man keine zusätzliche Genehmigung des FISC für solche Maßnahmen benötige. Die New York Times hatte in der vergangenen Woche berichtet, die NSA habe seit Anfang 2002 insgesamt rund 500 Personen im Rahmen eines geheimen Abhörprogramms überwacht. Mehrere US-Senatoren, darunter der demokratische Politiker John Rockefeller und der ehemalige Führer der Demokraten im Senat, Tom Daschle, räumten inzwischen ein, zumindest teilweise von den Abhörmaßnahmen gewusst zu haben.

Rockefeller gab an, er habe Vize-Präsident Dick Cheney unmittelbar nach Kenntnisnahme der Abhörmaßnahmen einen Brief zukommen lassen, in dem er erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der NSA-Überwachungen äußerte und darauf hinwies, dass er die Abhörpraktiken nicht unterstützen könne. Eine Reaktion des Weißen Hauses sei aber ausgeblieben. Da die von der US-Regierung in das Abhörprogramm eingeweihten Personen zur strikten Geheimhaltung verpflichtet gewesen seien, habe er seine Vorbehalte aber nicht öffentlich machen können. Der republikanische Senator John McCain warf Rockefeller daraufhin vor, nicht das getan zu haben, was in einem solchen Fall nötig sei: "Wenn ich überzeugt bin, dass jemand gegen das Gesetz verstößt, dann ist es egal, ob die Sache geheim oder nicht geheim ist. Ich würde dann aufstehen und sagen 'hier wird das Gesetz gebrochen'." (pmz)