US-Studie: Fast jeder fünfte Covid-Patient hat anschließend psychische Probleme

Bislang gab es nur einzelne Berichte, doch jetzt bestätigt eine Daten-Analyse: Auf eine Corona-Infektion folgt in vielen Fällen eine mentale Erkrankung.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 138 Kommentare lesen

(Bild: Photo by K. Mitch Hodge on Unsplash)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Charlotte Jee
Inhaltsverzeichnis

In den vergangenen Monaten gab es zunehmend Berichte über Menschen, die nach einer überstandenen Infektion mit Covid-19, die anschließend psychische Probleme bekamen. Jetzt liegen erste Zahlen vor, die solche Berichte bestätigen. In einer aktuellen Studie in Lancet Psychiatry wurde bei jedem Dritten Corona-Erkrankten innerhalb von drei Monaten nach dem positiven Befund eine mentale Erkrankung diagnostiziert.

Die Studie stammt von Forschern der Oxford University und des NIHR Oxford Health Biomedical Research Centre. Sie haben die elektronischen Gesundheitsakten von 70 Millionen Patienten in den USA ausgewertet.

Bei 62.354 davon wurde im Zweitraum 20. Januar bis 1. April 2020 eine Corona-Infektion diagnostiziert, sie mussten aber nicht ins Krankenhaus. Nach der Auswertung wurde bei 18 Prozent von ihnen 14-90 Tage nach der Covid-Diagnose ein Problem mit der psychischen Gesundheit festgestellt.

Außerdem untersuchte das Forscher-Team, wie es im gleichen Zeitraum Covid-Patienten im Vergleich mit sechs anderen Krankheiten wie Grippe oder Brüchen erging. Demnach war die Wahrscheinlichkeit für die erstmalige Diagnose einer mentalen Erkrankung bei den Covid-Patienten doppelt so hoch wie bei anderen. Am häufigsten wurden Angststörungen, Schlaflosigkeit und Demenz festgestellt.

Überdurchschnittlich betroffen waren laut der Studie in umgekehrter Hinsicht Personen, die schon vorher psychische Probleme hatten, konkret Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivität, bipolare Störungen, Depressionen oder Schizophrenie: Bei ihnen war die Wahrscheinlichkeit, dass eine Covid-Diagnose gestellt wird, 65 Prozent höher als im Durchschnitt; die Forscher schließen allerdings nicht aus, dass dafür andere gemeinsame Risikofaktoren verantwortlich waren.

Vor einer kommenden Welle von psychischen Erkrankungen nach der Pandemie wird seit Monaten gewarnt. „Wir wissen aus früheren Pandemien, dass bei Überlebenden anschließend Probleme mit der mentalen Gesundheit auftreten. Die Studie zeigt dasselbe Muster nach Covid-19, also kommt sie nicht unerwartet“, sagt Professor Til Wykes, Vizedekan für Psychologie und Systemwissenschaft am King's College London, der daran nicht beteiligt war.

Seiner Ansicht nach sollten wir uns auf jeden Fall darauf vorbereiten, dass es in den kommenden Monaten und Jahren mehr mentale Gesundheitsprobleme geben wird. „Das ist eindeutig nur die Spitze eines Eisbergs. Wir müssen so viele unterschiedliche, leicht zugängliche Formen von Unterstützung entwickeln wie möglich“, empfiehlt Wykes. (sma)