US Supreme Court schränkt Reichweite von Patenten weiter ein

Der Oberste US-Gerichtshof hat den Anspruch von LG Electronics auf Lizenzzahlungen für gewerbliche Schutzrechte über den Erstverkauf einer patentierten Technik hinaus zurückgewiesen und die Lehre der "Patent-Erschöpfung" gestärkt.

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Der Oberste US-Gerichtshof hat den Anspruch von LG Electronics auf Lizenzzahlungen für gewerbliche Schutzrechte über den Erstverkauf einer patentierten Technik hinaus zurückgewiesen und die Lehre der "Patent-Erschöpfung" gestärkt. Gemäß einer am gestrigen Montag ergangenen Entscheidung (PDF-Datei) haben die Richter in einer einstimmigen Entscheidung die Reichweite von Patenten innerhalb der Lieferkette damit klar begrenzt. Zugleich revidierte der Supreme Court einmal mehr eine Entscheidung des für Patentfragen zuständigen Berufungsgerichts, des Court of Appeals for the Federal Circuit in Washington.

LG hatte in dem viel beachteten Fall den taiwanesischen PC-Hersteller Quanta verklagt, durch den Einbau von Intel-Chips in Rechner gegen Schutzansprüche des Elektronik-Konzerns auf die an den kalifornischen Halbleiterproduzenten lizenzierte Technik zu verstoßen. Die Beklagte berief sich dagegen darauf, die geschützten Erfindungen im Chip-Sektor gar nicht selbst zu nutzen. Man habe die entsprechenden Siliziumbauteile ja von Intel bezogen. Die Kalifornier wiederum hätten dafür bereits Lizenzgebühren gezahlt.

Der Supreme Court stellte nun klar, dass LG Electronics kein Recht hat, die Nutzung eines Patents über eine erteilte Lizenz an einen Hersteller hinaus auch weiter unten in der Lieferkette zu kontrollieren. Die Chips hätten nur den einen Zweck, in einem Computer installiert zu werden, merkte der Richter Clarence Thomas an. Die Art des Einbaus in einen Rechner sei zudem bei allen vergleichbaren Halbleiterelementen identisch. Eine Entscheidung zugunsten von LG hätte zudem nicht nur Herstellern wie Quanta Haftungspflichten auferlegt, sondern darüber hinaus auch Händlern und Endkunden. Dagegen hatten sich in Eingaben an das oberste US-Gericht nicht nur andere Computerhersteller wie Dell, Hewlett-Packard, Gateway, IBM oder Sony ausgesprochen, sondern etwa auch US-Verbraucherschutzverbände sowie Vertriebsplattformen wie eBay.

Thomas erinnerte weiter an die lange Tradition des Supreme Court, die Gültigkeit eines gewerblichen Schutzrechts nach dem Verkauf eines betroffenen Produkts einzuschränken. So habe die Instanz bereits 1853 geurteilt, dass eine Maschine beim Übergang in die Hand eines Käufers nicht mehr von einem entsprechenden staatlichen Monopolrecht betroffen sei. Auch wenn eine patentierte Methode nicht genauso verkauft werden könne wie ein anderer Artikel, sei das Verfahren trotzdem in das Produkt eingeschlossen. Bei einem Handel damit würden sich so die Patentansprüche erschöpfen.

Die US-Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF) begrüßte in einer ersten Stellungnahme das Urteil. Damit werde noch einmal betont, dass Immaterialgüterrechte mit dem Kauf eines Produkts an Durchsetzungskraft verlören. Die US-Bürgerrechtsorganisation bedauerte aber, dass der Richtspruch vergleichsweise eng ausgefallen sei und sich nicht etwa auch gegen die Verbraucher in ihren Rechten zu Veränderungen oder Reparaturen teils weit einschränkenden Kaufvertragsbestimmungen etwa bei Patronen für Tintendrucker gerichtet habe.

Der Supreme Court bemüht sich seit einigen Jahren, das aus dem Ruder gelaufene Patentsystem wieder in den Griff zu bekommen. Der Gerichtshof stärkte im vergangenen Jahr etwa in einem Grundsatzurteil die alte Regel, dass eine Erfindung als trivial und somit nicht schutzwürdig zu gelten hat, wenn ein Experte auf dem betroffenen Fachgebiet sie als offensichtlich bezeichnet. Er kassierte damit die Aufweichung der Offensichtlichkeitsregel durch das Patentberufungsgericht und schränkte Trivialpatente ein.

Zum Patentwesen sowie zu den Auseinandersetzungen um Softwarepatente und um die EU-Richtlinie zur Patentierbarkeit "computer-implementierter Erfindungen" siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den aktuellen Meldungen):

(Stefan Krempl) / (jk)