USA: IP-Adressen für einen guten Zweck spenden und Steuer sparen

IPv4-Adressen sind Mangelware. Wer welche hat, sie aber nicht braucht, kann sie Carl Malamud geben. Der kauft mit dem Erlös Standards frei.​

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Leere Racks

Wer keine Adressen hat, braucht nichts anzuschließen. Man könnte ja mit IPv6... aber das ist eine andere Geschichte.

(Bild: Patrick Finnegan CC-BY 2.0)

Lesezeit: 3 Min.

IPv4-Adressen sind Geld wert. Wer entsprechende Nutzungsrechte hat, die Adressen aber nicht benötigt, kann sie unentgeltlich an seine Adressverwaltung zurückgeben, an Dritte verkaufen, oder der gemeinnützigen Stiftung Public.Resource.Org spenden. Letzteres beschert US-Steuerpflichtigen eine Spendenquittung, die steuermindernd wirkt. Stifter Carl Malamud verkauft die Adressen und nutzt den Erlös, um rechtsverbindliche ISO-Standards freizukaufen, damit jeder sie gebührenfrei lesen kann.

In Europa sind frische IPv4-Adressen im Herbst 2019 zur Neige gegangen, in Nordamerika schon 2015. Seither führt die amerikanische Adressverwaltung ARIN (American Registry for Internet Numbers) eine Warteliste für IP-Adressen. Darauf stehen aktuell 746 Organisationen. Sie hoffen, eines Tages ein Häppchen mit maximal 1024 Adressen (/22 Subnetz) zu erheischen. Gespeist wird der Pool aus IPv4-Adressen, die freiwillig an die ARIN zurückgegeben werden. Im ersten Quartal des Jahres gibt die ARIN sicher nichts aus; vielleicht wird sie am 1. April ein paar Adressen verteilen, vielleicht auch nicht.

So mancher Netzbetreiber ist bereit, für einen direkten Transfer von IPv4-Adressen Geld zu zahlen, um nicht bis Sankt Nimmerlein warten zu müssen. Allerdings ist es gerade für Inhaber kleiner Adressblöcke ein ungebührlicher Aufwand, für einen einmaligen Handel einen Käufer zu finden. Für diese Fälle hat Malamud das Spendenprogramm aufgelegt: "Sie sind schwierig zu verkaufen, aber vielleicht würden ein paar alte Hasen (ihre Adressen) Public Resource geben (und) den Steuerabsetzbetrag in Anspruch nehmen", schreibt Stiftungspräsident Malamud auf Mastodon, "Wir verwenden das Geld, um alle Standards mit Rechtskraft zu kaufen und Open Source zu machen."

Das sei legal, versichert Malamud. Und warum auch nicht. Seine Organisation ist als gemeinnützig anerkannt und grundsätzlich spendenfinanziert; in den USA ist es üblich, beispielsweise alte Autos an solche Organisationen zu spenden. Sie verkaufen die Schrottlauben und geben dem Spender eine Spendenbescheinigung in Höhe des Erlöses. Die Steuerbehörde erkennt das an. Ob nun ein alter Renault 4 oder eine Adresse des alten Internet Protocol version 4 gespendet wird, müsste steuertechnisch keinen Unterschied machen, solange alles ordentlich dokumentiert ist.

Carl Malamud kämpft seit Jahrzehnten für die freie Zugänglichkeit amtlicher Unterlagen. Er hat die Stiftung Public.Resource.Org gegründet und wurde 2002 vom Internet Archiv als "Hero" ausgezeichnet.

(Bild: Joel Hall/Gorinin CC BY 2.0 )

Public Resource veröffentlicht seit vielen Jahren amtliche Dokumente aller Art, darunter Gesetze und auch Standardisierungsnormen, die Gesetzgeber in den USA per Verweis für rechtsverbindlich erklärt haben. Das stört die Standardisierungsgremien, die ihre Standards teuer verkaufen möchten.

Nach jahrelangen, teuren Gerichtsverfahren hat Public Resource vergangenes Jahr einen wichtigen Sieg gefeiert: Verbindliche Standards dürfen frei veröffentlicht werden – nicht in Deutschland, aber in den USA. Dort ist es kein Verstoß gegen US-Copyright, wenn rechtsverbindliche Standards ohne Lizenz und gebührenfrei online gestellt werden.

Damit darf die Stiftung rechtsverbindliche Standards auch weiterhin veröffentlichen – allerdings muss sie dieser Standards erst habhaft werden. Das bedeutet in aller Regel, dass Public Resource die jeweiligen Standardisierungsdokumente kaufen und digital aufbereiten muss. Das kostet.

(ds)