USA verklagen Ticketmaster wegen Monopolmissbrauchs

Mittels Kartellklage wollen die USA den Konzertveranstalter Live Nation und dessen Kartenverkäufer Ticketmaster aufspalten. Es geht um mehr als hohe Gebühren.​

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Musikant mit Schlagzeug aus Plastikkübeln

Bei diesem Straßenmusikanten in Baltimore verdient Ticketmaster nicht mit.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 4 Min.

Eine große Kartellrechtsklage gegen Live Nation und dessen Tochter Ticketmaster erheben die US-Regierung, der Hauptstadtbezirk District of Columbia und 29 Bundesstaaten. Sie beschuldigen den Veranstaltungskonzern zahlreicher Verletzungen von Kartellrecht und fordern die Spaltung des Konzerns, zumindest den Verkauf von Ticketmaster. Live Nation stellt einen Teil der Vorwürfe in Abrede, und beschreibt anderes vorgeworfenes Verhalten als branchenüblich.

Die Vorwürfe sind umfassend: Live Nation und Ticketmaster würden sowohl Verbraucher als auch Künstler, Veranstalter und Veranstaltungseinrichtungen rechtswidrig unter Druck setzen und ausnehmen. "Fans zahlen höhere Gebühren; Künstler haben weniger Gelegenheiten für Konzerte; kleinere Veranstalter werden aus dem Markt gedrängt; und Veranstaltungseinrichtungen haben weniger echte Auswahl bei Kartenvertriebsdienstleistern", fasst US-Justizminister Merrick Garland zusammen.

Der Konzern, der sich selbst als größter Live-Veranstalter bezeichnet, habe sich besondere Marktmacht verschafft, die er nun rechtswidrig ausnutze. Verbraucher würden dabei durch "exorbitante Gebühren" entreichert, darunter "ticketing fees, service fees, convenience fees, platinum fees, pricemaster fees, per-order fees, handling fees, and payment processing fees - unter anderen", führt Garland aus. Gleichzeitig bremse die Marktmacht Ticketmasters technische Innovation, weshalb Fans unter veralteter Technik litten.

Die angeprangerten Geschäftsmethoden reichen aber viel weiter. Das US-Justizministerium beschreibt einen selbstverstärkenden Kreislauf. Sie nähmen "Gebühren und Umsätze von Konzertbesuchern und Sponsoring, nutzen diese Einnahmen um Künstler in exklusive Veranstaltungsverträge zu sperren, und nutzen dieses starke Portfolio dann, um Veranstaltungsorte zur Unterzeichnung langer Exklusivverträge für den Kartenvertrieb zu bringen, was den Kreislauf fortsetzt", fasst die Pressemitteilung des Ministeriums zusammen. Die Exklusivverträge umfassen demnach mehr als 400 Künstler und mehr als 70 Prozent aller großen Veranstaltungslokale in den USA.

Zum Beispiel kaufe Live Nation immer wieder kleinere regionale Veranstalter sowie Veranstaltungsorte auf. Das Unternehmen stellt das gar nicht in Abrede, will darin aber kein rechtswidriges Verhalten erkennen. Gleichzeitig sei Live Nation der mit Abstand größte Eigentümer großer Veranstaltungsorte in den USA, insbesondere Freiluftbühnen.

Wolle ein unabhängiger Veranstalter den Kartenvertriebspartner wechseln, drohe Live Nation/Ticketmaster mit Vergeltung, beispielsweise den Entzug der exklusiv an Live Nation gebundenen Künstler. Live Nation stellt das in Abrede und verweist darauf, wegen früherer Verstöße bereits einen amtlichen Beobachter zu haben, der nur einen einzigen Verdachtsfall gemeldet habe, der noch dazu auf falschen Behauptungen eines Veranstaltungslokals beruhe. Die Verträge mit Veranstaltungsorten, die diesen die Nutzung anderer Kartenvertriebsorganisationen verbieten, bestreitet Ticketmaster nicht. Doch seien diese Exklusivverträge keineswegs wettbewerbsfeindlich, sondern Ergebnis von Wettbewerb und von den Veranstaltungsorten so gewünscht.

Ein weiterer Vorwurf lautet, dass der Konzern Verträge mit Mitbewerbern schließe, um diese von konkurrierendem Verhalten abzubringen. Live Nation bezeichnet dies als unwahr. Überhaupt sei ihr Marktanteil seit 2010 sinkend, und was die gescholtenen Gebühren anbelange, verbleibe der Großteil gar nicht bei dem Konzern.

Die hohen Preise seien das Ergebnis hoher Produktionskosten, der Beliebtheit der Künstler, und rund um die Uhr tätigen Schwarzhändlern, die beweisen würden, dass das Volk bereit sei, deutlich höhere Preise zu zahlen. Übrigens seien die Gebühren bei konkurrierenden Kartensystemen noch höher. Als Lösung schlägt der bei Live Nation für Regulierung zuständige Manager Dan Wall ein Gesetz vor, das Künstlern erlaubt, einen Höchstpreis für den Weiterverkauf von Eintrittskarten festzulegen. Auch für diesen Zweitmarkt beitreibt der Konzern eine Onlineplattform.

Das Verfahren heißt USA et al v Live Nation Entertainment et Ticketmaster und ist unter dem Aktenzeichen 1:24-cv-03973 am US-Bundesbezirksgericht für das südliche New York anhängig.

(ds)