Umfrage: Firmen finden DSGVO kompliziert und praxisfern

Seit fünf Jahren ist die Datenschutzgrundverordnung, kurz DSGVO, in Kraft. Für viele Unternehmen sei sie auch ein Kraftakt, sagt eine Umfrage des Bitkom.

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(Bild: peterschreiber.media/Shutterstock.com)

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Die Unternehmen in Deutschland sind laut einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom eher unzufrieden mit der seit 2018 geltenden Datenschutzgrundverordnung, kurz DSGVO. In Schulnoten gesprochen würden sie der Gesetzgebung eine Vier geben. Besonders störe 78 Prozent, dass die Datenschutzregeln Geschäftsprozesse verkomplizierten, und 77 Prozent, dass sie zu praxisfern seien. Über die Hälfte (56 Prozent) beklagte, dass die DSGVO die Entwicklung neuer Produkte verzögere. Und 59 Prozent warfen Datenschutzbehörden vor, mit den Regeln "ihr Weltbild durchzusetzen".

Allerdings könnten die befragten Firmen der DSGVO auch positive Seiten abgewinnen: So sagten demnach 61 Prozent, dass sich die Datensicherheit im Unternehmen verbessert habe. Ebenso viele bescheinigten der DSGVO, weltweit Maßstäbe zu setzen. Und für 51 Prozent habe sie das Vertrauen in digitale Prozesse gestärkt. Ebenfalls seien die Wettbewerbsbedingungen in der EU nun einheitlicher, wie 45 Prozent sagten.

Dennoch hätten die Unternehmen mit der "Daueraufgabe Datenschutz zu kämpfen“, kommentierte Susanne Dehmel von der Bitkom-Geschäftsleitung die Umfrage-Ergebnisse. Jedes zweite Unternehmen habe seit der DSGVO-Einführung höheren Aufwand für den Datenschutz und gehe auch davon aus, dass dies auch so bleibe. 33 Prozent erwarteten weiter zunehmenden Aufwand. 86 Prozent der Datenschutz-Verantwortlichen in den Unternehmen schafften es kaum, allen aktuellen Entwicklungen beim Datenschutz in der Rechtsprechung zu folgen. Und 74 Prozent stellten fest, dass Datenschutz in Deutschland so kompliziert geworden sei, dass es ihnen schwerfalle, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über Datenschutz aufzuklären.

92 Prozent der Firmen monierten, dass die Umsetzung der DSGVO nie vollständig abgeschlossen sei. Bei 86 Prozent setze das Ausrollen neuer digitaler Tools die Prüfung immer wieder neu in Gang. Außerdem beklagten die Firmen Rechtsunsicherheit zu genauen Vorgaben, mangelnde Beratung durch Aufsichtsbehörden und die grundsätzlich zu hohen Anforderungen.

In praktisch jeder befragten Firma sind laut Bitkom wegen der DSGVO auch in den vergangenen zwölf Monaten "innovative Projekte" gescheitert. Als Innovationen führt der Lobbyverband etwa den Aufbau von Datenpools, Prozessoptimierungen in der Kundenbetreuung oder den Einsatz neuer Datenanalysetools sowie KI an.

Abhilfe in der misslichen Lage müsse jetzt die Politik schaffen, folgert der Lobbyverband. 95 Prozent der Firmen wünschten sich etwa, dass Sonder- und Spezialvorschriften zum Datenschutz zusammengeführt werden. Und 66 Prozent plädierten eine Vereinheitlichung der Datenschutzaufsicht in Deutschland. Die Umfrage ist laut Bitkom repräsentativ, befragt wurden 503 Unternehmen ab 20 Beschäftigten in Deutschland.

Ob die Wirtschaft nicht auch einfach die DSGVO verschlafen habe, fragte der Bitkom offenbar nicht. Genau diesen Vorwurf machte nämlich kürzlich erst der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber den Wirtschaftsverbänden. Erst seien sie schlecht vorbereitet gewesen und jetzt versäumten Firmen, die Vorteile der Datenschutzregeln in Geschäftsmodellen für sich zu nutzen. Das "große Gejammer der Industrie" sei er leid, sagte Kelber.

(axk)