Unity rennt mit neuem Bezahlmodell in den Shitstorm
Unity will Entwicklerstudios künftig jedes Mal zahlen lassen, wenn ihr Spiel installiert wird. Die Aufregung ist riesig – genau wie die Angst vor Saboteuren.
Der Entwickler von Unity will künftig jedes Mal bezahlt werden, wenn ein Spiel auf Basis der Engine und damit die Unity-Runtime installiert wird. Das neue Bezahlmodell der US-Firma stößt in der Entwickler-Community auf massive Ablehnung: Die Studios fürchten sich vor steigenden Ausgaben und langfristige Auswirkungen auf den Spielemarkt. Zur Verwirrung trägt bei, dass Unity sich in wichtigen Details seiner Ankündigung selbst widerspricht.
Grundsätzlich müssen Studios bei Unitys neuem Bezahlmodell nicht direkt an Unity zahlen. Erst, wenn eine Stufe von 200.000 US-Dollar Umsatz und mindestens 200.000 Installationen erreicht wurde, werden für künftige Installationen ab dem 1. Januar Geld fällig – nämlich üblicherweise 20 Cent pro Installation, in kleineren Märkten 2 Cent pro Installation.
Verwirrung um mehrfache Installationen
Eine wichtige Kernfrage dabei: Was passiert, wenn ein und derselbe Käufer dasselbe Spiel mehrfach installiert? Falls in diesem Fall mehrere Zahlungen nötig wären, würde das gezielte Sabotage-Aktionen von Trollen ermöglichen. Eine Gruppe verärgerter Internet-Nutzer könnte ein Spiel systematisch wiederholt deinstallieren und neu installieren, um dem Entwickler Kosten zu verursachen. Dass Spiele-Fans zu solchen koordinierten Aktionen in der Lage sind, zeigen immer wieder Fälle von systematischem Review-Bombing.
Ausgerechnet in diesem Punkt hat Unity offenbar eine 180-Grad-Wende vorgenommen: Zuerst sagten die Engine-Entwickler dem US-Medium Axios, Unity berechne tatsächlich jede Installation neu. Später sagte Unity-Chef Marc Whitten gegenüber Axios jedoch, neue Installationen auf einem einzelnen Gerät würden nicht mehrfach gewertet – ein direkter Widerspruch zur vorherigen Aussage. Das weckt den Eindruck, dass Unity die Änderungen möglicherweise zuvor nicht vollends durchdacht hatte. Weiterhin sollen Installationen auf zusätzlichen Geräten wie etwa dem Steam Deck mehrfach zählen, sagte Whitten gegenüber Axios.
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Auch einen weiteren Angriffspunkt des neuen Bezahlmodells entkräftete Unity im Nachgang der kontroversen Ankündigung. In einem vielbeachteten Twitter-Post hatte das Studio Aggro Crab die Befürchtung geäußert, dass über Spiele-Abos wie den Game Pass heruntergeladene Titel dem Entwicklerstudio zur Last fallen könnten. Das Spiel würde dann von zahlreichen Nutzern installiert werden und für den Entwickler Kosten schaffen, ohne zusätzliche Einnahmen zu generieren. Das räumte Unity aus: Die Installationskosten in Spieleabos sollen für den Betreiber des Abos anfallen, nicht für das entwickelnde Studio. Im Fall des Xbox Game Pass müsste also Microsoft die Kosten tragen.
Wie trackt Unity die Installationen?
Weiterhin diskutiert wird, wie Unity überhaupt an die Installationszahlen kommen will. Das Studio macht dazu auch auf Nachfrage keine genauen Angaben. Entwicklerstudios kritisieren daher, dass künftige Abrechnungen eine undurchschaubare Blackbox darstellen könnten. Unity versichert zudem, dass Installationen aus Charity-Bundles nicht gezählt werden – erklärt aber nicht, wie das überhaupt erkannt werden soll.
Eine Auswahl weiterer Kritikpunkte am Unity-Geschäftsmodell:
- Schwarzkopien von Videospielen könnten Entwicklern noch mehr zur Last fallen, weil sie als Installation gewertet werden und somit gebührenpflichtig werden können
- Auch von Key-Resellern wie G2A erworbene Codes generieren keine Einnahmen für Entwickler, würden ihnen aber zusätzliche Gebühren bescheren
- Einige Entwickler fürchten negative Auswirkungen auf die Erhaltung älterer Unity-Spiele, weil es für Entwickler finanziell sinnvoll sein könnte, ihre Spiele nicht mehr anzubieten
- Unity verlangt bereits jährliche Abo-Gebühren, um in der Engine entwickeln zu können
Laut Unity selbst treffen die InstallationsgebĂĽhren nur etwa 10 Prozent aller in Unity entwickelten Spiele. 90 Prozent der Unity-Titel bleiben demnach unter der von Unity festgelegten Umsatz- und Installationsschwelle.
(dahe)