Universal will kopierschutzfreie Musik "viral" vertreiben

Neben klassischen Absatzkanälen wie Amazon oder Rhapsody setzt Universal auch auf das Web-2.0-Tool von Gbox. Dahinter steckt ein alter Bekannter der deutschen Software-Branche.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 62 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.

Musik-Major Universal setzt bei seinem jüngst verkündeten Testlauf für den Verkauf DRM-freier Musik neben etablierten iTunes-Konkurrenten wie BestBuy, WalMart oder Real Rhapsody auch auf ein junges kalifornisches Start-up, das bisher kaum jemand auf Rechnung hatte: Gbox. Aufgrund der Tatsache, das auch Google eine Rolle spielen soll, vermuteten aufgeregte Berichterstatter gleich eine Verschwörung von Universal und Google gegen Online-Musikmarktführer Apple.

Dabei spielt Google – so weit zunächst ersichtlich – die angestammte Rolle des Werbedienstleisters. Universal will ab 21. August zunächst für ein halbes Jahr kopierschutzfreie Songs im MP3-Format zum Preis von 99 US-Cent anbieten, unter anderem über Gbox. Das Start-up bietet eine Wunschlisten-Funktion für audiovisuelle Medien, die in Profile auf Netzwerken wie MySpace oder das eigene Blog eingebunden werden können. Besucher können gewünschte Songs dann für den Seitenbesitzer erwerben und verschenken. Bei Google wird Universal die Suchbegriffe (Adwords) zu den Songs buchen, die entsprechenden Werbelinks sollen dann auf Gbox verweisen. Über Gbox will Universal nun offenbar den "viralen Vertrieb" der kopierschutzfreien Musik ankurbeln, während die etablierten Handelsplattformen wie Amazon eher den klassischen Part übernehmen.

Denn Gbox setzt voll auf die virale Web-2.0-Schiene. Die virtuellen Wunschlisten sollen auf MySpace, Friendster und in der Blogosphäre für Umsatz sorgen. Im Rahmen des Testlaufs soll es DRM-freie Tracks von so unterschiedlichen Künstlern wie Amy Winehouse, 50Cent, Bing Crosby und Elvis Costello geben. Noch ist der Dienst nur für Surfer mit einem Windows-PC und Microsofts Internet Explorer nutzbar, aber selbst in dieser Konfiguration klappt es nicht immer. Bis zum Start am 21. August soll auch Firefox 2 unterstützt werden; Mac-Nutzer werden dagegen noch vertröstet. Darüber hinaus ist fraglich, ob das Angebot auch außerhalb der USA zugänglich sein wird. Noch, so heißt es auf den Seiten des Anbieters, habe man nur Lizenzen für einen US-Vertrieb. Unklar ist, ob das auch für die Universal-Songs gelten wird.

Hinter Gbox steckt der kalifornische Software-Anbieter Navio, der Plattformen für den Vertrieb audiovisueller Inhalte via Internet oder Handy entwickelt. Navio hat einige namhafte Risikokapitalgeber im Rücken. Gegründet wurde das Unternehmen 2002 von dem Deutschen Stefan Röver, der hierzulande kein Unbekannter ist. Röver war Vorstandschef der auf Banking-Software spezialisierten Brokat AG, die als einer der schillerndsten Pleitefälle der New Economy gilt. (vbr)