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Unter Wechselstrom: Vor 75 Jahren starb Nikola Tesla

Ralf Bülow
Unter Wechselstrom: Vor 75 Jahren starb Nikola Tesla

Nikola Tesla als der "Meister der Blitze"

(Bild: Welcome Collection, CC BY 4.0)

Am 8. Januar 1943 wurde Nikola Tesla in seinem Hotelzimmer in New York tot aufgefunden. Der Ingenieur ist einer der Väter der Wechselstromtechnik; bekannter wurden seine fantastischen Ideen zur freien Energie für alle.

Das letzte Foto entstand am 8. Juli 1942: es zeigt den greisen Erfinder neben dem jungen jugoslawischen König. Peter II. war vor der deutschen Wehrmacht in die USA geflohen; in New York besuchte er seinen Landsmann in dem Hotel, wo dieser seit 1934 wohnte. Ein halbes Jahr später war Nikola Tesla tot. Er starb wahrscheinlich am Abend des 7. Januar 1943.

Ministry of foreign affairs of The Republic of Serbia

Nikola Tesla 1942 mit König Peter II. von Jugoslawien

(Bild: Ministry of foreign affairs of The Republic of Serbia)

Geboren worden war Tesla am 10. Juli 1856 in Smiljan. Das Dorf liegt im westlichen Kroatien zwischen Bosnien und dem Mittelmeer; die Region gehörte damals zur Doppelmonarchie Österreich-Ungarn. Die Teslas waren Serben, Vater Milutin amtierte als orthodoxer Priester. Nikola absolvierte Volksschule und Gymnasium und konnte sich der geplanten kirchlichen Karriere entziehen. 1875 studierte er an der Technischen Hochschule Graz.

Das Studium brach er 1878 wieder ab. 1881 finden wir ihn als Telefon-Ingenieur in Budapest, ab 1882 arbeitete er in Paris für die Société Électrique Edison. Die Firma vermarktete die Glühbirnen des US-Erfinders und hatte auch Kunden im Deutschen Reich. Den Herbst und Winter 1883 verbrachte Tesla in Straßburg, wo er die Beleuchtungsanlage des neuen Bahnhofs betreute. Sie wurde mit Gleichstrom gespeist.

Glaubt man Teslas Memoiren [1], so baute er in Straßburg außerdem das erste Modell seines Wechselstrommotors. Das Prinzip des periodisch die Richtung ändernden Stroms war schon Jahrzehnte bekannt, doch fehlte lange eine praktikable Umsetzung von Wechselspannung in Drehbewegung. Teslas Motor nutzte zum ersten Mal ein rotierendes Magnetfeld [2], das mit zwei Wechselströmen erzeugt wird und den zentralen Rotor mitzieht.

Nikola Tesla in den 1890er Jahren mit drahtlos leuchtender Lampe

Nikola Tesla in den 1890er Jahren mit drahtlos leuchtender Lampe

1884 emigrierte der Erfinder nach Amerika; am 6. Juni legte sein Schiff in New York an. Zwei Tage später arbeitete Nikola Tesla in der Edison-Fabrik in Manhattan, wo er Generatoren reparierte und verbesserte. Ein Jahr später kündigte er; nach einigen Schwierigkeiten fand er 1887 Geldgeber, die ihm eine kleine Firma finanzierten. Am 1. Mai 1888 erhielt Tesla die Patente für sein Wechselstromsystem, am 7. Juli verkaufte er sie dem Industriellen George Westinghouse.

Unterm Strich verdiente Tesla knapp 100.000 Dollar. Westinghouse verhalfen die Patente zum Sieg im Stromkrieg [3] über das Gleichstromsystem von Thomas Edison. Tesla saß ein Jahr als technischer Berater in der Westinghouse-Zentrale in Pittsburgh, danach kehrte er nach New York zurück. An der Durchsetzung des Wechselstroms in den USA wirkten viele Ingenieure mit, doch Nikola Tesla war zur rechten Zeit der richtige Mann am richtigen Platz.

Von 1889 bis zu seinem Tode arbeitete er als freier Erfinder. Er befasste sich nun mit hochfrequenten Wechselströmen und entwickelte in seinem Privatlabor die Tesla-Spule [4]. Diese ionisiert die Umgebungsluft und ruft spektakuläre Lichteffekte hervor. Teslas Experimentalvorträge beeindruckten Zuschauer in Amerika und Europa und verschafften ihm Eingang in die bessere Gesellschaft von New York. Gewohnt hat er grundsätzlich nur im Hotel.

Nikola Tesla (0 Bilder) [5]

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Bei manchen Versuchen brachte Tesla frei in den Händen gehaltene Gasentladungsröhren zum Leuchten; damit realisierte er faktisch die Funktelegraphie. 1897 meldete er mehrere Patente an, die das Senden und Empfangen elektrischer Wellen beschrieben. 1898 führte er auf einer Ausstellung in New York ein ferngesteuertes Modellboot [7] vor. Weitaus mehr als die Übermittlung von Information interessierte ihn aber die drahtlose Verbreitung von Elektrizität.

1899 forschte Tesla, gefördert vom Multimillionär John Jacob Astor, in Colorado Springs am Rand der Rocky Mountains. Hier entdeckte er die Funkwellen, die bei Gewittern bei Gewittern [8] auftreten, und vielleicht auch die Radiostrahlung des Planeten Jupiter [9]. So lassen sich jedenfalls die Signale deuten, die Tesla im Sommer 1899 auffing und den Marsmenschen zuschrieb. In Colorado Springs entstanden die bekannten Fotos – oder Fotomontagen – des Erfinders im Dickicht der Blitze.

1901 spendierte ihm der Bankier John Pierpont Morgan 150.000 Dollar für einen Sendeturm nahe New York. Der 57 Meter hohe Wardenclyffe Tower wurde nie fertig und 1917 abgerissen. Tesla lebte am Rande der Insolvenz, doch brachte 1909 die Erfindung einer Scheibenturbine [10] neue Investoren. Im 1. Weltkrieg kam Geld aus Deutschland, als Tesla eine auf Long Island stehenden Telefunken-Station modifizierte. Außerdem half er dem Unternehmen bei einem Patentprozess.

Im Mai 1917 nahm Nikola Tesla die höchste Auszeichnung seiner Karriere entgegen, die Edison-Medaille. Sein letztes Patent meldete er 1921 an; es bezog sich auf ein senkrecht startendes Flugzeug. Danach veröffentlichte er populärwissenschaftliche Artikel über Elektrizität, Energie und Kommunikation. Aus den 1930er Jahren ist das Konzept eine futuristische Waffe überliefert, die beschleunigte Teilchen ausstieß. Sein Todesstrahler [11] wurde aber nie gebaut.

1934 zog Tesla in das Hotel New Yorker und Zimmer 3327 – er liebte die Drei – mit Blick aufs Empire State Building. Die Rechnung bezahlte Westinghouse. Ab 1936 überwies die jugoslawischen Regierung noch eine Rente. Am 5. Januar 1943 hing der Erfinder ein Do-not-disturb-Schild draußen an die Tür. Am 8. Januar ging das Zimmermädchen dennoch hinein und fand den Leichnam. Der herbeigerufene Arzt datierte den Tod auf 22:30 Uhr am 7. Januar 1943, dem orthodoxen Weihnachtstag.

Obwohl Tesla seit 1891 US-Bürger war, konfiszierte das Office of Alien Property seine Papiere. Besagtes Amt kümmerte sich in den beiden Weltkriegen um den Besitz von feindlichen Ausländern. Teslas Unterlagen wurden dann von John Trump [12] überprüft, dem Physiker-Onkel des gegenwärtigen Präsidenten. Trump entdeckte keine zuvor unbekannten Erkenntnisse und verneinte auch einen Nutzen für die Feinde der USA. Er war für eine Freigabe der Papiere.

Das geschah aber erst 1951, als Teslas Nachlass nach Jugoslawien gelangte. Er liegt heute in einem Museum [13] in Belgrad und zählt zum Weltkulturerbe der UNESCO. Die Trauerfeier [14] für Nikola Tesla fand am 12. Januar 1943 in New York statt. Die Kugel mit seiner Asche ruht ebenfalls in Belgrad. Das Nordfriesland Museum Nordfriesland Museum [15] von Husum zeigt das wunderschöne "Blaue Portrait", das die Society-Malerin Vilma Elisabeth Lwoff-Parlaghy 1916 schuf.

Tesla lebt weiter als Automarke und Einheit der magnetischen Flussdichte, auf Banknoten und Briefmarken, in mehreren Filmen und den Akten des FBI [16]. Viele Bücher und seriöse wie esoterische Websites sind ihm gewidmet. Sein Zweiphasen-Wechselstrom ist Geschichte, die Energie aus der Luft [17] wird nach wie vor erforscht [18], wenn auch nur über kurze Distanzen. Teslas Geist erlosch vor 75 Jahren, seine Blitze zucken immer noch. (mho [19])


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Links in diesem Artikel:
[1] http://www.teslasautobiography.com/the_discovery_of_the_tesla_coil_and_transformer.html
[2] https://lp.uni-goettingen.de/get/text/1225
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Stromkrieg
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Tesla-Transformator
[5] https://www.heise.de/bilderstrecke/bilderstrecke_3935505.html?back=3935500;back=3935500
[6] https://www.heise.de/bilderstrecke/bilderstrecke_3935505.html?back=3935500;back=3935500
[7] http://cyberneticzoo.com/precyber/1898-telautomaton-nikola-tesla-serbianamerican/
[8] https://de.wikipedia.org/wiki/Sferics
[9] http://www.teslasociety.com/mars.pdf
[10] https://de.wikipedia.org/wiki/Tesla-Turbine
[11] http://www.teslaradio.com/pages/teleforce.htm
[12] https://archive.org/stream/NickolaTESLAFBIDOcumentsParts13/Nickola%20TESLA%20FBI%20-%20DOcuments%20Parts%201-3%20-#page/n326/mode/1up
[13] http://www.tesla-museum.org/web/index.php?l=en
[14] https://vimeo.com/210453956
[15] http://www.museumsverbund-nordfriesland.de/nordseemuseum/1-0-Home.html
[16] https://vault.fbi.gov/nikola-tesla
[17] https://de.wikipedia.org/wiki/Drahtlose_Energie%C3%BCbertragung
[18] https://www.heise.de/newsticker/meldung/Kabellose-Stromuebertragung-Energous-laedt-Geraete-per-Funkwellen-3928296.html
[19] mailto:mho@heise.de