VDSL-Vectoring: Telekom geht auf Wettbewerber zu

Bisher bestand der Branchenführer darauf, die wertvolle Vectoring-Technik zur Beschleunigung von Breitbandanschlüssen per VDSL fast ausschließlich selbst zu verwenden. Die Telekom forderte damit indirekt die Abschaffung von Regulierungsgrundsätzen.

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Beim Streit um die Nutzung der Vectoring-Technik für den Breitbandausbau zeichnen sich erste Lösungsversuche ab. Nach Berichten der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sei die Telekom nun zu Kompromissen bereit und wolle noch vor Weihnachten einen Antrag bei der Bundesnetzagentur einreichen, um Rahmenbedingungen abklopfen zu lassen, die den Einsatz der wertvollen Technik ermöglichen. Das erklärte Telekom-Vorstandsmitglied Niek Jan van Damme während eines von der Bundesnetzagentur moderierten Treffens von Kommunikationsunternehmen.

Das von der ITU-T als G.993.5 alias G.vector standardisierte Verfahren nutzt dank schneller digitaler Signalverarbeitung die durch das Übersprechen auf benachbarten Leitungen im Kabelbündel übermittelten Signalanteile aus, die bisher immer als Verluste bzw. Störung angesehen wurden. Die Gesamtheit der Kupferdoppeladern im Kabelbündel werden dabei zu einem von den Teilnehmern gemeinsam genutzten Medium.

Die Einführung von DSL-Vectoring stößt allerdings auf regulatorische Widerstände: DSL-Vectoring funktioniert nur, wenn die Telekom die Leitungen zum Teilnehmer exklusiv nutzen kann. Immer nur ein Netzbetreiber kann das DSL-Vectoring in einem Leitungsbündel einsetzen; das Entbündeln der Teilnehmeranschlussleitung (TAL) am Kabelverzweiger, das Konkurrenten Zugang zur TAL ermöglicht, wäre nicht mehr machbar.

Bisher bestand der Branchenführer darauf, die Vectoring-Technik, bei der Adernpaare eines Kabelbündels an den Kabelverzweigern zu Gunsten höherer Übertragungsgeschwindigkeit zusammengefasst werden, fast ausschließlich selbst zu verwenden. Ausnahmen konnte sich die Telekom nur bei solchen Kabelverzweigern vorstellen, die Wettbewerber schon mit eigenen Glasfaserleitungen an ihr eigenes Netz angebunden hatten. Nun bietet die Telekom an, dass Wettbewerber auch solche Verzweiger erschließen dürfen, die sie nicht schon an ihr Netz angebunden haben. Im Gegenzug fordert das Unternehmen für sich selbst auch einen offenen Netzzugang.

Das wäre freilich nur eine von mehreren Möglichkeiten, das Vectoring zu nutzen. Gegenwärtig erscheint die Technik besonders deshalb lukrativ, weil sie über ausgeklügelte Signalverarabeitung Zugang zu Geschwindigkeitsbereichen eröffnet, die man zuvor nur der Glasfaser zugetraut hat. Doch der Glasfaserausbau kommt teuer und ist anders als Vectoring vielerorts nur mit Erdarbeiten zu haben. Für die Telekom erscheint daher die weitere Ausschöpfung der längst verlegten Kupferdopelladern verlockender. Der Nutzung stehen derzeit jedoch Regulierungsgrundsätze entgegen, nach denen Mitbewerber freien Zugang zu einzelnen Kupferdoppeladern haben müssen. Das wäre beim Vectoring nicht mehr der Fall, weshalb die Bundesnetzagentur neue Spielregeln einführen muss – und dabei den Ball mit der Aufforderung, selbst Kompromisse vorzuschlagen, zu den Wettbewerbern zurückspielt. (dz)