Venezuela strebt "Souveränität in der Information" an

Mit einem venezolanisch-chinesischen Joint Venture soll durch eine eigene Computerproduktion die "Souveränität in der Information" erreicht werden.

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Von
  • Harald Neuber

Venezuelas umstrittener Präsident Hugo Chávez will die Abhängigkeit seines Landes vom Ausland reduzieren. Angestrebt wird neben der "Erdölsouveränität" auch die "technische Unabhängigkeit (Independencia Tecnológica de la Nación). Dazu gehört die "Souveränität in der Information", die unter anderem durch die Produktion eigener PCs und Laptops realisiert werden soll.

2005 wurde zur Herstellung der bolivarischen Computer das Unternehmen Venezolana de Industria Tecnológica (VIT) als ein venezolanisch-chinesisches Joint Venture gegründet. Mehrheitseigner ist der chinesische Konzern Langchao. Ziel des Unternehmens ist es, zum führenden nationalen Anbieter von Computern und Computerzubehör zu werden und später auch auf den internationalen Markt zu gehen. In den ersten drei Jahren werden die meisten Produkte vom venezolanischen Staat für soziale und Bildungsprojekte gekauft.

Bislang werden drei PC-Modelle mit Monitoren und Tastatur mit Prozessoren von 1,5 bis 3 Gigahertz und einem Festplattenspeicher von 40 bis 80 Gigabyte angeboten. Der Laptop "VIT D2000" arbeitet mit einem Intel-Prozessor Core 2 Duo E7200 (2,0 GHz, FSB 667 MHz). Alle Computer nutzen das Betreibersystem Linux. Der billigste PC kostet 427 US-Dollar, was deutlich über der anvisierten 350-Dollar-Grenze liegt. Allerdings bietet die Firma in Zusammenarbeit mit dem Staat niedrigzinsige Kreditverträge an.

Die Zusammenarbeit mit China wird von Venezuela auch deswegen favorisiert, weil die chinesischen Partner anders als die führenden Industriestaaten die Bereitschaft zeigen, über einen Technologietransfer zu verhandeln. Nach einer vereinbarten Phase der beidseitigen Geschäftsführung können Patente und Know-how an den lokalen Partner übergehen.

Der im Dezember vergangenen Jahres für eine neue sechsjährige Amtszeit wiedergewählte Staatspräsident Chávez, der sich selbst als "Rebell gegen die Armut" betrachtet, hatte bei seiner Vereidigung im Januar die Verankerung des Sozialismus als Staatsform angekündigt. Dank vom Kongress gewährter Sondervollmachten wird er in den nächsten 18 Monaten per Dekret regieren und ohne Beteiligung des Parlaments Gesetze verabschieden können; die angekündigte Verstaatlichung "strategischer Wirtschaftssektoren" betrifft neben der Ölindustrie unter anderem auch die Telekommunikationsbranche. Zuletzt hatte der Entzug der Lizenz für einen regierungskritischen Fernsehsender zu heftigen Auseinandersetzungen im Land geführt.

Siehe dazu auch in Telepolis:

(Harald Neuber) (fr)