Verbraucherschützer gegen Payback: Entscheidung vertagt

Das Payback-System diene dazu, Käuferprofile von Kunden zu erstellen, meinen Experten. Die Richter grübeln noch.

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Von
  • Michael Kurzidim

Zuerst hört sich alles ganz praktisch an: Kunden, die am Rabattprogramm Payback teilnehmen, sammeln Punkte, die sie später einlösen können. Verbraucherschützer vermuten jedoch, dass die raffinierte Rabattkarte vor allem dazu dient, Käuferprofile von Kunden zu erstellen. Der gläserne Käufer sei schon längst Wirklichkeit, meinen Experten.

Mit dem Fall des Rabattgesetzes, das höhere Nachlässe beim Kauf verbot, nahm die Sache ihren Anfang. Aber anstatt jetzt frei drauflos zu feilschen, ließen sich viele Verbraucher eine Art virtuellen Maulkorb verpassen: die Bonuskarte. Ein genialer Schachzug der Unternehmen, denn damit entgehen sie nicht nur nervenden Diskussionen am Verkaufstresen, sondern sammeln gleichzeitig aufschlussreiche Informationen über das Kaufverhalten ihrer Kunden. Payback konnte bis heute mehr als 15 Millionen Bürger dazu überreden, beim Punktesammeln mitzumachen -- ein gewaltiges Potenzial.

Schon vor zwei Jahren schöpften die Experten vom Bielefelder FoeBuD e.V. Verdacht und verliehen den Big Brother Award in der Kategorie "Business und Finanzen" an die Firma, die beim Payback-System die Fäden zieht: die Loyalty Partner Gesellschaft für Kundenbindungssysteme mbH in München. Mit 67 Prozent Hauptanteilseigner dieser Gesellschaft ist wiederum die Lufthansa Commercial Holding GmbH. FoeBuD verlieh den Big Brother Award an Loyalty Partner unter anderem "für das Verschweigen ihres eigentlichen Geschäftszweckes, nämlich die Gewinnung von personalisierten Kundenprofilen und deren Vermarktung zu Werbe-, Marketing- und Marktforschungszwecken." So lange uns keiner aufklärt, hätten die Verbraucher das Recht, das Schlimmste anzunehmen, heißt es dazu in der Laudatio.

Nicht faul zauberten die Bielefelder ihrerseits eine Rabattkarte aus dem Hut: die Privacy Card. Das praktische Plastik der Bielefelder funktioniert über Payback, allerdings anonymisiert: Zückt der Kunde vor der Kasse bei Real, Galeria Kaufhof, Apollo-Optik oder am UFA-Kinoschalter sein Kärtchen, gibt es Punkte, und zwar völlig anonym, denn die begehrten Bonuszähler fließen einzig und allein auf das Konto des Bielefelder FoeBuD, der kaufende Kunde hat nichts davon. Auch nicht gerade im Sinne des Erfinders.

Etwa 1500 Bürger sammeln zurzeit Rabattpunkte mit der Privacy Card, nur weigert sich Payback, die Punkte ordnungsgemäß gutzuschreiben. Privacy-Card-Herausgeber FoeBuD klagte, aber auch dem zuständigen Richter scheinen beim Grübeln über die undurchsichtige Situation graue Haare zu wachsen. Das Amtsgericht München hat die Verkündung seines Urteils nunmehr auf den dritten September verschoben.

"Es geht gar nicht ums Geld. Die Aktion soll darauf aufmerksam machen, welche potentielle Gefahren in den so genannten Rabattsystemen stecken", erklärt Netzkünstler padeluun, der Sprecher des Bielefelder Vereins. Hätte der Bundestag seinen Abgeordneten etwas ähnliches in die Hand gedrückt wie die Privacy Card des FoeBud e.V., dann wäre so manchem Minister und Senator der peinliche Rücktritt erspart geblieben: Die angesammelten Meilen wären automatisch der Reisekasse des Bundestages gutgeschrieben worden. (ku)