Verbraucherschutzminister fordert Transparenz beim Scoring zur Bonitätsprüfung

Moderne Verbraucherpolitik müsse das Gleichgewicht zwischen Verbraucher- und Wirtschaftsinteressen suchen, meint Horst Seehofer.

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Verbraucherschutzminister Horst Seehofer hat das Scoring als ein Verfahren bezeichnet, das die Bonitätsprüfung auf objektivere Grundlagen stelle als die ausschließlich persönliche Entscheidung durch einen Kreditsachbearbeiter einer Bank. Allerdings fordert er die "Verbesserung der Transparenz" bei der Bonitätsprüfung. "Moderne Verbraucherpolitik muss das Gleichgewicht zwischen Verbraucher- und Wirtschaftsinteressen suchen", sagte Seehofer auf einem Symposium mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Verbraucherschutzorganisationen. Falls die Banken ihren Kunden nicht freiwillig mehr Einblick in ihre Verfahren zur Kreditwürdigkeitsprüfung gewähren würden, müssten strengere Gesetze her.

Unter Scoring versteht man mathematisch-statistische Verfahren zur Einschätzung der Kreditwürdigkeit von Verbrauchern. Kreditinstitute ziehen vor Erteilung eines Kredits einen Score-Wert heran, um einschätzen zu können, wie hoch das Risiko ist, dass ein Darlehensnehmer seine Raten nicht zahlen kann. Der Score-Wert wird aus Erfahrungswerten vergleichbarer Kreditnehmer sowie anderen Informationen wie den soziodemographischen Daten des Wohnumfeldes gebildet.

Heute, einen Tag nach dem Symposium über Chancen und Risiken der Verfahren, befasst sich der Finanzausschuss des Bundestags mit einem Regierungsentwurf zur Änderung des Kreditwesengesetzes im Rahmen der Umsetzung des Basel-II-Abkommens, in dem es auch um Verfahren zur Einschätzung der Kreditwürdigkeit geht. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hatte den Entwurf bemängelt, da darin Daten- und Verbraucherschutz keine Rolle spiele und stattdessen eine "General-Ermächtigung zur Datensammelei" erteilt werde. Seehofers Symposium komme "zu spät", meinte vzbv-Chefin Edda Müller.

Der vzbv fordert unter anderem, Verbraucher müssten automatisch Auskunft über ihren Score, seine Berechnung und seine Auswirkung auf die Entscheidung des Kreditinstituts erhalten. Bei Auskunfteien solle sich die Auskunftspflicht auf die Angabe über die Weiterleitung des Score an Dritte erstrecken. Anders als bisher dürfe nur der endgültige Abschluss eines Kreditvertrags zu einem Schufa-Eintrag führen, nicht bereits die Anfrage nach Kreditkonditionen oder nach einem Kreditangebot. Auch sollten bei der Beurteilung der Kreditwürdigkeit von Verbrauchern nur kreditrelevante personenbezogene Faktoren erhoben werden, meint der vzbv.

Ähnliches meint auch Schleswig-Holsteins Datenschutzbeauftragter Thilo Weichert, der gestern in Berlin eine Studie zu dem Thema vorstellte. Oft werde keine Einwilligung der Bankkunden für die Anwendung des Scoring eingeholt, sagte Weichert laut Süddeutscher Zeitung. Weder die zugrunde gelegten Daten noch deren Gewichtung für die Kreditvergabe würden genannt. Verbraucher könnten falsche Angaben nicht löschen oder korrigieren oder Schadensersatz dafür fordern, weil sie von Fehlern gar nichts erfahren würden. Außerdem bestehe die Gefahr der Diskriminierung, wenn Daten wie Alter, Wohnort oder Geschlecht zur Prüfung herangezogen würden – eine Kritik, die Weichert bereits im Februar vorbrachte.

Seehofer betonte, Transparenz helfe, falsche Informationen zu korrigieren und fehlerhafte Bewertungen zu vermeiden. "Transparenz schafft Vertrauen und führt dazu, dass Kunden nicht vorschnell abgewiesen werden. Ich appelliere an die Verantwortung der Wirtschaft gegenüber Verbraucherinnen und Verbrauchern." (anw)