Verdacht: Schlechte Lötstellen sollen SSDs von Sandisk und WD sterben lassen

SMD-Bauteile falscher Größe, schlechte Lötstellen: Ein Datenretter meint die Fehlerquellen für Ausfälle bei externen SSDs von Sandisk und WD gefunden zu haben.

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USB-SSDs von Sandisk und WD fallen oft aus.

(Bild: c't)

Update
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Nico Ernst
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Das Unternehmen Attingo aus Wien erhält laut eigener Angabe jede Woche mindestens eine externe SSD der Marken Sandisk oder WD, die nicht mehr funktioniert. Wie bereits mehrfach auch bei heise online berichtet, fallen diese Geräte seit etwa einem Jahr besonders häufig aus. Dabei geht es nur um externe und per USB angebundene Laufwerke.

Eine konkrete Erklärung des Herstellers – WD hatte Sandisk 2015 übernommen – zum Grund für diese Defekte steht immer noch aus. Wie Attingo nun Futurezone sagte, scheint es sich um "eine Design- und Konstruktionsschwäche" handeln. Bei den Geräten, die das Unternehmen von seinen Kunden erhalten hatte, sollen unter anderem Lötstellen gebrochen sein.

In den bei Futurezone gezeigten Bildern von Attingo ist zu sehen, dass sich einige der SMD-Bauteile von ihren Lötpads auf der Platine gelöst haben. Das Datenrettungsunternehmen ist auch der Ansicht, dass in einigen Fällen die Bauteile zu groß für das Layout der Platine seien. Das deutet darauf hin, dass WD oder einer seiner Zulieferer andere als die vorgesehenen Bauteile verwendet hat. SMD-Komponenten wie Kondensatoren oder Widerstände gibt es oft mit gleichen elektrischen Eigenschaften, aber unterschiedlicher Größe.

Verbaut man ein größeres Bauteil bei unverändertem Platinenlayout, ergeben sich kleinere Kontaktflächen zwischen dem Pad auf der Platine und der Komponente. Das ist zum einen ein elektrisches Problem, was Signalintegrität und eventuell Wärme betrifft. Da zudem das Lötzinn nur an den Kontaktflächen des Bauteils und den Pads haftet, ist auch die mechanische Verbindung weniger stabil. Vermutlich deswegen hat WD inzwischen bei neueren Exemplaren, die Attingo sichten konnte, einige Bauteile mit Epoxidharz versehen. Wie es zu der mechanischen Belastung der Bauteile kommen konnte, die zum Bruch der Lötstellen führte, ist bisher nicht bekannt.

Attingo spricht zwar unter anderem von Blasen in den Lötstellen, was ein Anzeichen von ungeeignetem Lot sowie einem fehlerhaften Lötvorgang sein könnte. Doch selbst dann ist die mechanische oder thermische Belastung, welche die Lötstellen brechen lässt, nur schwer nachvollziehbar. Modernes bleifreies Lötzinn wird erst jenseits von 200 °C flüssig, bei solchen Temperaturen wären die SSD wohl schon vor dem Ausfall zumindest unzuverlässig geworden.

Als wahrscheinlich erscheint damit eher eine Kombination aus unpassenden Komponenten, schlechten Lötstellen sowie unzureichender Wärmeableitung. Durch die unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten der verbauten Materialien kann es zu Spannungen kommen, welche dann Lötstellen außerhalb der vorgesehenen Spezifikation – etwa durch zu schmale Kontaktflächen – schlicht brechen lassen. Ein Beispiel dafür ist der als Bumpgate bekannt gewordene Fall, bei dem Nvidia-GPUs den Geist aufgaben. Davon war auch die Xbox 360 mit ihrem berüchtigten "Red Ring of Death" betroffen, wie erst vor einem Jahr Microsoft selbst in einem YouTube-Video anschaulich erklärte.

Der sogenannte "root cause", also das zugrundeliegende Problem für die Ausfälle der externen SSDs von Sandisk und WD, ist damit weiterhin nicht öffentlich bekannt. Gegenüber Futurezone äußerte WD, man habe ein Problem gefunden, und dafür Firmware-Updates veröffentlicht, die es beheben sollen. Sofern die Ausfälle jedoch wie beschrieben an mechanischem Stress durch Ausdehnung infolge von Wärme sowie schwachen Lötstellen liegen sollten, erscheint es sehr zweifelhaft, wie Firmware da helfen könnte.

WD nennt in seiner Stellungnahme die Geräteserien Sandisk Extreme, Sandisk Extreme Pro und WD My Passport als möglicherweise betroffen. Wie bereits vor über einer Woche beschrieben werden gerade diese Geräte derzeit mit besonders großen Rabatten verkauft, aktuell auch im Rahmen der vielen Black-Friday-Angebote. Es scheint unverändert so, als ob Sandisk die möglicherweise unzuverlässigen Geräte abverkaufen wollte, statt sie vom Markt zu nehmen.

Update: Die von Attingo gefundenen Fehler treten nicht bei den ursprünglich von den Ausfällen betroffenen SSDs auf, sondern im Wesentlichen bei den SanDisk-SSDs Extrem Portable (ohne Pro, Modellnummern SDSSDE61-500G, SDSSDE61-1T00 und SDSSDE61-2T00). Damit gibt es zwei verschiedene Probleme. Western Digital hat mittlerweise eine schwer verständliche Erklärung veröffentlicht: „Die jüngsten Äußerungen legen nahe, dass unsere Hardwarekomponenten für das Firmware-Problem verantwortlich sein könnten, das Anfang des Jahres bei bestimmten Modellen der SanDisk Extreme Pro 1TB, 2TB und 4TB, SanDisk Extreme 4TB und WD My Passport SSD 4TB aufgetreten ist. Dieses haben wir mit einem Firmware-Update erfolgreich behoben. Wir sammeln derzeit weitere Informationen, gehen aber nicht davon aus, dass die Hardwareprobleme eine Rolle bei den behobenen Firmware-Problemen spielen.“ (nie)