Verfassungsprüfung für Österreichs GEZ-Pendant kommt auf die lange Bank

Rundfunkgebühren selbst ohne Empfangsgeräte sind neu in Österreich. Die Zulässigkeit bleibt noch länger ungeklärt.​

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Das Logo des Österreichischen Rundfunks am Eingang zur ORF-Zentrale am Küniglberg in Wien

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 4 Min.

Der Verfassungsgerichtshof Österreichs (VfGH) weist eine Beschwerde gegen die zu Jahresbeginn eingeführte Haushaltsabgabe als unzulässig eingebracht zurück. Damit bleibt noch länger ungeklärt, ob die pauschale Abgabe zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen ORF (Österreichischer Rundfunk) verfassungskonform ist. Bis 2023 mussten nur Haushalte und Unternehmen, die Radio oder Fernseher im Inneren eines Gebäudes zum Empfang bereithielten, die sogenannten GIS-Gebühren zahlen. Seit Jahresbeginn müssen auch jene zahlen, die keine solchen Geräte haben und wenigstens eine volljährige Person mit Hauptwohnsitz im Haushalt haben oder als Unternehmen kommunalsteuerpflichtig sind.

Die Haushaltsabgabe ist in Österreich unbeliebt, fast zwei Drittel lehnen sie ab. Kein Wunder, dass sich eine dreistellige Zahl an Antragstellern gefunden hat, die vom Verfassungsgerichtshof die Aufhebung der Abgabe fordern. Sie sehen den Gleichheitsgrundsatz der österreichischen Bundesverfassung verletzt. Dieser sieht vereinfacht ausgedrückt vor, dass der Gesetzgeber gleiche Sachverhalte gleich zu regeln hat, aber auch, dass er ungleiche Sachverhalte unterschiedlich zu regeln hat. Da bei der verpflichtenden Haushaltsabgabe nicht unterschieden wird, ob die einzelne beitragspflichtige Person das Angebot des ORF überhaupt nutzen kann, sei das Gesetz gleichheitswidrig, so die Antragsteller.

Außerdem verletze das Gesetz das Recht auf Unversehrtheit des Eigentums, da auch jene zahlen müssen, die das damit finanzierte Angebot des ORF gar nicht in Anspruch nehmen. Unter den Antragstellern sind auch betroffene Unternehmen. Ob sie sich darüber beschweren, dass sie eine Abgabe zahlen müssen, obwohl die im Betrieb aufhältigen Menschen ja bereits durch ihre Haushaltsabgabe den ORF finanzieren, geht aus den Veröffentlichungen des VfGH zum Verfahren (Az. G 17/2024) nicht hervor.

Doch stehen die Antragsteller vor einer prozeduralen Hürde: Direkte Beschwerden Betroffener, sogenannte Individualbeschwerden, sind nur in Ausnahmefällen zulässig, in denen kein zumutbarer Rechtsweg offensteht. Andernfalls würde das Höchstgericht mit Anträgen aller Art überlaufen. Wenig überraschend sieht der VfGH auch bei der Haushaltsabgabe einen zumutbaren Rechtsweg: Die Betroffenen können bei der ORF-Beitrags Service GmbH (OBS) einen Bescheid beantragen, der die Zahlungspflicht individuell bestimmt. Gegen diesen stehen Rechtsmittel an das Bundesverwaltungsgericht offen; in diesem Verfahren können die Betroffenen dann die Verfassungswidrigkeit argumentieren.

Hegt auch das Bundesverwaltungsgericht Zweifel an der Zulässigkeit, kann es den VfGH einschalten. Doch selbst wenn das Gericht den Bescheid bestätigen sollte, können die Betroffenen einen dann zulässigen Antrag auf Überprüfung an den VfGH richten. Die Rechtsprechung des VfGH zur Zulässigkeit der österreichischen Haushaltsabgabe ist also nicht aufgehoben, sondern nur aufgeschoben.

Die österreichische Haushaltsabgabe beläuft sich auf 183,60 Euro pro Jahr. Vier der neun Bundesländer lassen die OBS zusätzlich Landesabgaben von bis zu 56,40 Euro pro Jahr für das eigene Budget einheben (Burgenland, Kärnten, Steiermark, Tirol). Mehr als doppelt so teuer als 2023 ist die neue ORF-Abgabe für Haushalte, die nur Radioapparate, aber keinen Fernseher haben und daher bislang weniger gezahlt haben. Das trifft nicht zuletzt Blinde und Sehschwache. Außerdem müssen seit Jahresbeginn auch jene Haushalte zahlen, die weder Radio noch Fernseher haben und daher bis 2023 nicht zahlen mussten.

Befreiungen gibt es für sozial Bedürftige sowie Gehörlose. Entfallen ist die Gebührenpflicht für reine Nebenwohnsitze; allerdings sind (außer im Burgenland und Niederösterreich) für Ferien-, Freizeit- oder Zweitwohnsitze Landesabgaben fällig, die deutlich über der ORF-Haushaltsabgabe liegen (in Wien ab 2025). Unternehmen müssen für Betriebsstätten ebenfalls ORF-Abgaben zahlen, die von der Lohnsumme abhängen und bis zum 50-Fachen (9.180 Euro jährlich) ausmachen können.

(ds)