Verfassungsrang für Datenschutz gefordert

Die ehemalige Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, Jutta Limbach, warnte anlässlich des 25-jährigen Bestehens des Datenschutzgesetzes vor einer ausufernden Erhebung von Daten.

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  • dpa

Die ehemalige Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, Jutta Limbach, hat gefordert, dem Datenschutz Verfassungsrang einzuräumen. "Angesichts der zunehmenden Bedeutung des Datenschutzes und des weltweiten Siegeszugs des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung ist es schwer nachvollziehbar, dass dieser noch heute im Grundgesetz nicht ausdrücklich erwähnt wird", sagte Limbach am Dienstag bei einem Festakt zum 25-jährigen Bestehen des Bundesdatenschutzgesetzes.

Auch sei es bisher nicht gelungen, das Amt des Datenschutzbeauftragten in der Verfassung zu verankern, kritisierte Limbach. Im Osten Deutschlands sei man beim Neuanfang lernbereiter gewesen. "Die neuen Länder haben allesamt den Datenschutz und das Amt des Datenschutzbeauftragten in ihren Verfassungen verankert."

Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) würdigte das 1977 verabschiedete Bundesdatenschutzgesetz als einen "wesentlichen Beitrag zu unserer Demokratiekultur". Gegenwärtig stehe der Datenschutz vor neuen Herausforderungen, sagte Thierse vor dem Hintergrund der angestrebten Harmonisierung in der Europäischen Union. Er verwies auf die Datenverbreitung im Internet.

Limbach warnte vor einer ausufernden Erhebung von Daten. Nach den Terroranschlägen des 11. September sei der Vorwurf nicht von der Hand zu weisen, dass die aktuelle Bedrohung "ein willkommener Anlass" gewesen sei, Imstrumente einzufordern, die bei den Sicherheitsbehörden schon auf Halde lagen. Bei der Rasterfahndung würden Personen erfasst, die nichts mit der Polizei zu tun hätten.

Informationelle Selbstbestimmung

Zweck des seit 25 Jahren bestehenden Datenschutzgesetzes ist es, "den Einzelnen davor zu schützen, dass er durch den Umgang mit seinen personenbezogenen Daten in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt wird", wie es in § 1 heißt. Dieses Gesetz gilt für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen.

Das Datenschutzgesetz reagierte auf neue, früher nicht gekannte Möglichkeiten der Datenverbreitung. Durch die unbegrenzte Fähigkeit von Computern, Informationen zu speichern und zu kombinieren, erreichte die mögliche Gefährdung des Persönlichkeitsrechts eine neue Dimension. Eine weitere und noch nicht gelöste Herausforderung stellt die weltweite Datenverbreitung durch das Internet dar.

Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Volkszählungsgesetz vom 15. Dezember 1983 bekam der Datenschutz Grundrechtscharakter, auch wenn dies -- anders als in den Verfassungen der neuen Länder -- nicht ausdrücklich im Grundgesetz verankert ist. Der mündige Bürger müsse wissen, "wer was wann und bei welcher Gelegenheit über ihn weiß", hieß es in der Urteilsbegründung.

Die Verfassungsrichter leiteten das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Artikel 1 und Artikel 2 des Grundgesetzes(Würde des Menschen und freie Entfaltung der Persönlichkeit) ab. Als Folge des Urteils wurden die Gesetze für den Militärischen Abschirmdienst (MAD) und den Bundesnachrichtendienst (BND) geschaffen.

Mit dem Gesetz wurde das dem Bundesinnenministerium zugeordnete Bundesamt für den Datenschutz geschaffen. Der Bundesbeauftragte wird vom Bundestag auf fünf Jahre gewählt und vom Bundespräsidenten ernannt. Er kann einmal wieder gewählt werden. Seit 1993 steht der Jurist Joachim Jacob an der Spitze der in Bonn angesiedelten Behörde. Der Bundesbeauftragte ist unabhängig und keiner Weisung unterworfen. Jedermann kann sich an ihn wenden, wenn er Eingriffe des Staates in sein Persönlichkeitsrecht befürchtet.

Der Datenschutzbeauftragte berät und kontrolliert die Bundesbehörden. Auf Grund des Telekommunikations- und des Postgesetzes ist er auch zuständig für Telekommunikations- und Postdienstunternehmen sowie für private Unternehmen, für die das Sicherheitsüberprüfungsgesetz gilt. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz gibt Empfehlungen und erstellt Gutachten. Alle zwei Jahre legt er dem Bundestag einen Tätigkeitsbericht vor. (dpa) / (jk)