Verkehrszentralregister feiert 50. Geburtstag

Bereits im Jahre 1910 wurde in Berlin die "Sammelstelle für Nachrichten über Führer von Kraftfahrzeugen" aufgebaut, eine der ersten zentralen Datensammlungen. Vor 50 Jahren ging sie in die Flensburger "Verkehrssünderdatei" über.

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Von
  • Detlef Borchers

Heute vor 50 Jahren wurde im abgewrackten Gebäude der Flensburger Reproduktions-Anstalt das deutsche Verkehrszentralregister in Betrieb genommen. Noch im ersten Jahr wurden 810.000 Personen in diese "Verkehrssünderdatei" aufgenommen, die in den Medien gerne als "Deutschlands meistgehasste Datensammlung" bezeichnet wird. Bei damals 6.787.736 KFZ waren dies 12 Prozent der Führerscheininhaber, ein Anteil, der bis heute nahezu gleich geblieben ist.

Was heute unter dem Rubrum "Punkte in Flensburg" ein beliebtes Stammtischthema ist, begann vor 50 Jahren nicht ohne Vorgeschichte. Bereits im Jahre 1910 wurde in Berlin die "Sammelstelle für Nachrichten über Führer von Kraftfahrzeugen" (SNFK) aufgebaut, eine der ersten zentralen Datensammlungen. Mit der Einrichtung des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) in Flensburg wanderte diese Datei 1951 nach Flensburg. Als Mitte der 50er Jahre die Unfallzahlen rasant anzogen (12.000 Verkehrstote 1955) und Maßnahmen wie das Tempo 50 in geschlossenen Ortschaften eingeführt werden mussten, wurde gleichzeitig am 16. Juli 1957 gesetzlich geregelt, wer in das "Verkehrszentralregister" aufgenommen wird. Im Jahre 1961 wurde das Gesetz um "Regelungen für die Behandlung von Mehrfachtätern" erweitert, die bis heute die Grundlage für das bei Berufskraftfahrern verhasste "Punktesystem" bilden, das jedoch erst 1974 bundesweit vereinheitlicht wurde.

Ausweislich der zum Geburtstag des Verkehrszentralregisters herausgegebenen Broschüre (PDF-Datei) wurde der Datenschutz der Zentraldatei von Beginn an groß geschrieben: Die Daten der erfassten Verkehrssünder wurden in großen Drehständern aufbewahrt, die in der Nacht mit Hüllen aus schwerem Tuch verschlossen wurden. Heute unterliegt die Kontrolle des Datenschutzes dem unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz in Schleswig-Holstein, das zuletzt im Jahre 2006 in seinem Tätigkeitsbericht die Funktion und den Datenschutz dieser Sammlung kritisierte. Verhältnismäßig spät begann das KBA im Jahre 1999, das Zentralregister auf einem BS2000-Großrechner von Siemens unter Sesam/SQL zu digitalisieren.

Heute liegt das Verkehrszentralregister gemeinsam mit dem zentralen Fahrzeugregister in einer Oracle-Datenbank auf zwei Fujitsu-Siemens SX150-Systemen. Die Datenbank ist rund sieben Terabyte groß und wird auf einem Speichersytem DMX1000 von EMC gehostet wird. Täglich registrieren beide Zentraldateien 180.000 Updates und 120.000 Abfragen, die 40.000 zugriffsberechtigte Personen stellen können. Doch der Prozess der Digitalisierung hat seine Grenzen: Derzeit sind nur 70 Prozent aller Daten im Computer. Viele Gerichtsbescheide trudeln auf Papier ein und müssen analog aufbewahrt werden. Auch die Abfrage der Punktestände, die jedem Führerscheininhaber zusteht (2006: 233.000 Auskünfte) ist eine außerordentlich umständliche Prozedur. In Flensburg hofft man darum auf den Durchbruch der digitalen Signatur, die mit der elektronischen Gesundheitskarte zum Allgemeingut werden soll. Ob dies dem in der Presse gern zitierten "Flensburger Bauern" helfen wird, ist fraglich: Er steht angeblich ganz ohne Führerschein in der Punktedatei, weil er nachts ein Schwein unbeleuchtet ausgeführt haben soll. (Detlef Borchers) / (jk)