Verstärkte Lobby-Aktivität vor Entscheidung zu US-Netzneutralität

Wenige Tage vor der geplanten Entscheidung der US-Regulierungsbehörde über ein Regelwerk zur Netzneutralität bringen die betroffenen Branchen noch einmal ihre Lobby-Truppen in Stellung. Besonders aktiv: Die Netzbetreiber.

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Bevor die US-Regulierungsbehörde kurz vor Weihnachten über neue Netzneutralitätsregeln abstimmen, geben sich die Lobbyisten bei der Federal Communications Commission (FCC) in Washington die Klinke in die Hand. Besonders aktiv, weil aus Tradition mit starker Lobbytruppe präsent, sind einem Bericht des Wall Street Journal zufolge die Provider und klassischen Telcos. Die Netzbetreiber drängen demnach massiv darauf, dass die Entscheidung des obersten FCC-Gremiums der Branche keine Nachteile bringt.

Im Vergleich dazu nehmen sich dem Bericht zufolge die Aktivitäten der Internetanbieter, die für regulatorische Auflagen für mehr Netzneutralität eintreten, bescheiden aus. Während die Netzbetreiber und ihre Verbände im vergangenen Jahr 82 Millionen US-Dollar für die Interessenvertretung in Washington ausgaben, betrugen die Lobby-Aufwendungen der in der Open Internet Coalition verbundenen Befürworter – darunter Amazon, eBay, Facebook und Google – 19 Millionen US-Dollar.

Der FCC-Vorsitzende Julius Genachowski hatte ursprünglich vorgeschlagen, die Breitbandanbieter wie Telefonnetzbetreiber zu behandeln und damit einem strikten Regulierungsregime zu unterwerfen. Davon hat der zu dem Demokraten gehörende US-Regulierer nach heftigem Widerstand aus der Branche und der republikanischen Partei, aber auch aus Reihen seiner Parteigenossen, wieder Abstand nehmen müssen. Ein runder Tisch mit Branchenvertretern von beiden Seiten war zwischenzeitlich ohne das erhoffte greifbare Ergebnis geblieben.

Als Kompromissformel formulierte Genachowski eine allgemeine Verpflichtung der Netzbetreiber geben, die Verbreitung "rechtmäßiger" Inhalte, Anwendungen und Dienste in ihren Netzen nicht zu behindern. Im Gegenzug will die FCC den Providern zugestehen, verschiedene Qualitäts- und Preisstufen für Netzleistungen einzuführen, über die aber Transparenz herrschen soll. Zudem will der Regulierer die Unterschiede zwischen Fest- und Funknetzen anerkennen – ohne bisher gesagt zu haben, was das in Sachen Regulierung konkret bedeuten könnte. Der Entwurf, über den das fünfköpfige FCC-Gremium am 21. Dezember abstimmen will, ist nicht öffentlich.

Für Kritiker begibt sich Genachowski damit in die Nähe eines von Google und Verizon gemeinsam eingebrachten Vorschlags, der den Weg für unregulierte Zusatzdienste eben und den Betreibern von Funknetzen weitgehend freie Hand geben soll. Das schmeckt den Inhalteanbietern nicht, für die das mobile Internet eine wichtige Baustelle ist. Doch steht sich die Branche bei ihren Bemühungen um die Netzneutralität auch selbst im Weg, berichtet das Journal.

Zwar seien viele Unternehmen im Silicon Valley dafür, Neutralitätsprinzipien rechtlich festzuschreiben. Doch scheue sich die Branche, das auch öffentlich zu unterstützen. Selbst Google habe sich nach teils heftigen Reaktionen auf den gemeinsam mit Verizon erarbeiteten Vorschlag wieder zurückgenommen. Einige Führungskräfte der Branche wollten zudem erst einmal abwarten, wie sich ein neues Regelwerk auf die Geschäfte auswirkt. (vbr)