Videokonferenzen möglicherweise mitschuldig an vergurkter Osterruhe

Aus Angst, vor den Sitzungen der Länderchefs mit Merkel könne etwas nach außen dringen, werde mitunter auf Absprachen verzichtet, heißt es in der FAS.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 220 Kommentare lesen

Bundeskanzlerin Angela Merkel räumt im Bundestag Fehler rund um die abgesagte Osterruhe ein.

(Bild: Deutscher Bundestag)

Lesezeit: 3 Min.

Die von Bundeskanzlerin Angela Merkel vergangene Woche Mittwoch zurückgenommene verstärkte Osterruhe als Mittel gegen die weitere Verbreitung des Coronavirus beschäftigt weiter die Beteiligten. Als eine Ursache für den chaotischen Ablauf wird der aktuelle Modus der Treffen zwischen der Bundeskanzlerin und den Länderchefs und -chefinnen ins Spiel gebracht. Da sie sich nicht persönlich träfen, sondern virtuell beieinander säßen, bestehe eine erhöhte Gefahr, dass Einzelheiten zu früh an die Öffentlichkeit geraten.

"Vor Corona saßen wir in einer Ministerpräsidentenkonferenz mit der Kanzlerin in einem Raum, ohne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Da ist selten was nach außen gedrungen", zitiert die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). "Heute tagen wir virtuell und wissen gar nicht genau, wer dabei ist und mithört." So könnten die Konferenzteilnehmer nicht mehr offen sprechen, weil zu vieles sofort in den Medien landen könnte.

Hessens Staatskanzleichef Axel Wintermeyer (CDU) spricht laut FAS davon, Sitzungen seien so "durchlässig wie ein Schweizer Käse". "Alle Vorpapiere und Vorüberlegungen werden fast gleichzeitig in bestimmten Medien veröffentlicht", erläutert Wintermeyer. "Das trägt dazu bei, dass vorher keine konkreten Papiere auf den Tisch gelegt werden." Wenn sich dann die Länderchefs und -chefinnen mit Merkel träfen, fehle nach Meinung von Teilnehmern der Sachverstand, um die Tragweite der Entscheidungen zu beurteilen.

Das entspricht dem Eindruck des Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke). "Wäre das Thema vorher auf einen Zettel geschrieben worden, wäre es schon vorher durchgestochen und zerredet worden. So hat es auf keinem Zettel gestanden und wurde deshalb nicht ausreichend geprüft." Es habe sich ergeben, dass erstmals etwas Ungeprüftes beschlossen wurde, das sich als juristisch nicht haltbar herausgestellt habe.

Laut Ramelow haben vergangene Woche Montag insgesamt 61 Personen an der Ministerpräsidentenkonferenz teilgenommen. In Thüringen allein seien es außer ihm ein Techniker, der Regierungssprecher, die Gesundheitsministerin und eine Referentin dabei gewesen. Wintermeyer vermutet, dass Journalisten nicht nur den Ton, sondern sogar Videobilder der Konferenzen mitkriegen können. Darauf lasse sich schließen, weil in Zeitungen berichtet werde, welcher Teilnehmer grimassiert oder welcher eine Zeitung gelesen habe.

Merkel hatte vorige Woche Mittwoch eingeräumt, die am Montag zuvor in der Runde mit den Bundesländern beschlossene Osterruhe sei ein Fehler gewesen; sie entschuldigte sich dafür, vor allem, weil dadurch die Bevölkerung verunsichert worden sei, wie sie in der ARD-Sendung "Anne Will" am Sonntag erläuterte. Es habe sich nach der Entscheidung von Montag herausgestellt, dass Kosten und Nutzen einer Osterruhe mit zusätzlichem Feiertag in keinem Verhältnis zueinander stünden. Dazu, unter welchen Umständen die Entscheidung für die Osterruhe zustande gekommen ist, sagte Merkel in der Sendung nichts.

(anw)