Viel Wind um Übernahme des drittgrößten Mobilfunkanbieters in Italien

Medienberichte nannten als mögliche Aufkäufer von Wind nacheinander France Télécom, E-Biscom oder H3G -- Dementis folgten auf dem Fuße.

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Von
  • Sven-Olaf Suhl

Wind heißt die Mobilfunktochter des italienischen Strom- und Gasversorgers Enel. Mit 13,5 Millionen Kunden ist sie der drittgrößte Mobilfunkanbieter Italiens und hat 8700 Beschäftigte. Wind bietet seinen Handykunden unter anderem I-mode Dienste und ist auch in den Bereichen Festnetztelefonie und Internet präsent. Nachdem Enel-CEO Paolo Scaroni seit seinem Amtsantritt vor anderthalb Jahren mehrfach erklärt hatte, dass Wind nicht mehr zum Kerngeschäft von Enel zähle, tauchten in den Medien immer wieder Meldungen über die Übernahme von Wind auf -- was die vermeintlichen Verhandlungspartner jedoch postwendend dementierten.

Zuletzt hatte am 8. November die italienische Zeitung La Repubblica berichtet, dass Verkaufsgespräche zwischen Enel und France Télécom weit vorangeschritten seien, laut Agenturmeldungen habe der Verhandlungspreis bei 13 Milliarden Euro gelegen (entsprechend knapp 1000 Euro je Wind-Kunde). Damit hätte France Télécom die Angebotspalette seiner Mobilfunktochter Orange, die neben Frankreich unter anderem auch in der Schweiz ein Handynetz betreibt, auf den Nachbarn jenseits der Alpen ausweiten können. Die Meldung über Verkaufsgespräche wurde jedoch von beiden Unternehmen als unrichtig zurückgewiesen. Pikant wäre an dem Deal gewesen, dass France Télécom -- zum Zweck des Schuldenabbaus -- erst zum 1. Juli 2003 seinen damaligen 26,6-Prozent-Anteil an Wind an Enel verkauft hatte: Die Jahresbilanz 2002 des französischen Carriers, der auch heute noch mehrheitlich in Staatsbesitz ist, hatte allein die damalige Wind-Beteiligung mit 1,6 Milliarden Euro außergewöhnlicher Belastungen verhagelt.

Am 7. November 2004 hatte Enel bereits dementiert, in der jüngeren Zeit Verkaufsgespräche mit E-Biscom, einem Anbieter von FTTH (Fibre to The Home) oder dem UMTS-Anbieter H3G -- einem Ableger von Hutchison Whampoa -- geführt zu haben. Ein Enel-Sprecher erklärt das gehäufte Auftreten derartiger Spekulationen damit, dass sie durchaus strategischen Überlegungen der Marktteilnehmer und ihrer Kapitalgeber entsprächen -- nach dem Motto "Welche Akquisition passt am besten zu meiner Unternehmensstrategie?". Solche Varianten würden in praktisch allen Vorstandsetagen durchgespielt, ohne dass sie unbedingt in konkreten Verkaufsverhandlungen münden müssten. Vielmehr strebt Enel-CEO Paolo Scaroni an, die Mobilfunktochter Wind innerhalb der kommenden 24 Monate abzustoßen. Nicht die Schnelligkeit des Verkaufs stehe im Vordergrund, vielmehr will Enel einen möglichst hohen Erlös für Wind erzielen -- ganz im Sinn der Enel-Aktionäre. Am liebsten würden die Italiener Wind an die Börse bringen, wenn das Klima an den Kapitalmärkten wieder günstig ist. Wind hatte den wegen der Krise der Finanzmärkte den für 2003 geplanten IPO (Initial Public Offering) jedoch absagen müssen.

Wie viele andere Energieversorger hatte auch Enel während des Booms in den Telekommunikationsmärkten Ende der Neunzigerjahre auf Synergieeffekte gesetzt: Eigene Telco-Filialen sollten die Infrastruktur für Daten- und Sprachübertragungen gewinnbringend vermarkten, über die der Stromversorger -- dank der eigenen Wegerechte und Übrtragungswege entlang der Strommasten -- ohnehin verfügte. Neben der Krise im TK-Markt führten auch kartellrechtliche Auflagen dazu, dass diese Synergien nicht im erwünschten Umfang gehoben werden konnten. Der Markt der Energieversorgungsunternehmen (EVU) ist traditionell monopolähnlich strukturiert. Hätten die EVU's ihre Kunden mit Bundling-Angeboten aus Stromtarif und Telefondiensten umwerben dürfen, hätte darin nach Auffassung der Kartellwächter ein Missbrauch der Marktmacht der EVU's vorgelegen und ihnen ungerechtfertigte Vorteile gegenüber reinrassigen Telefon-Anbietern verschafft. (ssu)