VoIP-Nummern voraussichtlich ab Januar 2005

Der Chef der RegTP kündigte abgesehen von der raschen Einführung der neuen Nummerngasse auch eine Lockerung des so genannten Anschlussbezugs bei der Vergabe ortsbezogener Rufnummern an.

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Von
  • Monika Ermert

Am 24. November wird die Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation (RegTP) die Zuteilungsregeln für die neue Rufnummerngasse 032 veröffentlichen. Das kündigte der Chef der Regulierungsbehörde Matthias Kurth heute beim Voice-over-IP-Forum in Bonn an. Innerhalb einer einen Monat währenden "Sunrise-Phase" würden danach alle eingehenden Anträge auf die Nummernblöcke als zeitgleich behandelt. Gehen mehrere Anträge für den gleichen Nummernblock ein, entscheidet das Los.

Anfang 2005 sollen neuen Rufnummern, die speziell für VoIP-Angebote gedacht sind, zugeteilt werden. Kurth sagte, die Behörde komme damit dem Erwartungsdruck in der Debatte um die Netztelefonie entgegen. VoIP-Anbieter hatten in der vergangenen Wochen beklagt, dass die Behörde die ortsfremde Vergabe ohne Schaffung von Alternativen einschränke.

"VoIP kann möglicherweise eine Killeranwendung fürs Breitband sein, weil der Kundennutzen dabei sehr hoch ist", sagte Kurth zur Eröffnung des Forums in der mit über 500 Besuchern voll besetzten Kunsthalle in Bonn. Von Seiten des Regulierers verstehe man die Netztelefonie entgegen der Beschuldigung von Kritikerseite sehr wohl als Chance für mehr Innovation, größere Angebotsvielfalt und mehr Wettbewerb. Vor allem drei Fragen will die Behörde so schnell wie möglich beantworten: der Umgang mit den Rufnummern, die Entbündelung der Teilnehmeranschlussleitung und die Umsetzung der Notrufverpflichtung.

Über Letztere sei man sich auch mit dem US-Regulierer FCC einig, mit dem es kürzlich Gespräche beim European Regulators Forum in Zypern gab. "Wo ist das Problem", fragte Kurth, "grundsätzlich ist das doch eine gute Sache". Statt sich in juristische Scharmützel zu begeben, sollte dies technisch gelöst werden. Die VoIP-Anhörung habe gezeigt, dass verschiedene Anbieter bereits Lösungen erproben. Ähnliches gelte auch für Überwachungsmaßnahmen und den Datenschutz. "Man muss das ja nicht von der Stunde null an bereit stellen", so Kurth. "Aber ein VoIP-Dienst soll kein Second-Class-Dienst werden."

Mit Blick auf die Rufnummern kündigte Kurth abgesehen von der raschen Einführung der neuen Nummerngasse auch eine Lockerung des so genannten Anschlussbezugs bei der Vergabe ortsbezogener Rufnummern an. Innerhalb eines Ortsnetzes dürfen künftig VoIP-Anbieter auch geografische Nummern vergeben, ohne dass diese an einen bestimmten physikalischen Anschluss gebunden sind. Dazu plant die RegTP eine weitere Anhörung in nächster Zeit. Entgegenkommen will er den VoIP-Anbietern bei der Zuteilung von Rufnummern übrigens dadurch, dass sich mehrere Unternehmen zusammentun können. "Nicht jeder braucht 1000 Nummern pro Ortsnetz." Mittelfristig sei schließlich die Verkleinerung der Blöcke auf 100 statt 1000 Nummern möglich. Zur nomadischen Nutzung sagte Kurth: "Das ist schließlich nichts anderes als das, was wir heute bei weitergeleiteten Anrufen haben."

Als besonders wichtigen und in den vergangenen Wochen kontrovers diskutierten Punkt nannte Kurth schließlich die Frage der Entbündelung. Was es in Norwegen laut Kurth bereits als "nacktes DSL" gebe, werde nun vehement auch von deutschen VoIP-Anbietern gefordert. Der DSL-Kunde soll dabei auf den Telefonanschluss verzichten können. "Das wäre für manchen, der das derzeit anbietet, allerdings ein herber Verlust", sagte Kurth unter Anspielung auf den DSL-Marktführer Deutsche Telekom. Man müsse erst prüfen, wie dies in die derzeitige Landschaft von Geschäftsmodellen passt.

Eine Fehleinschätzung sei es aber auf jeden Fall, dass die Kosten für den Telefonanschluss bei einer Entbündelung völlig eingespart werden könnten. Sollte die RegTP einen "DSL-Bitstream-Standalone-Zugang" schaffen, wären die Kosten für die Teilnehmeranschlussleitung komplett von dem entsprechenden Anbieter aufzubringen. "Schließlich müssen die Anbieter die Leitung dann mit niemandem mehr teilen", sagte auch Kurths Kollege Jorgen Andersen, Generaldirektor der dänischen NITA. In Dänemark, so Andersen, werde die Entbündelung ebenfalls heiß diskutiert. Seine Behörde warne aber davor, "extrem niedrige Preise für Teilnehmeranschlussleitungen zu verordnen". Dies könnte, darin waren sich Kurth und Andersen einig, negative Effekte für den Infrastrukturwettbewerb bedeuten.

Lord David Currie von der britischen Regulierungsbehörde Ofcom berichtete dagegen von den Anstrengungen seiner Behörde, die Entbündelung voranzutreiben. Der Kurs der Ofcom dürfte den VoIP-Betreibern besser gefallen als der anderer europäischer Behörden, denn Currie betonte entschieden, dass die Netztelefonie nicht gut in den Regulierungsrahmen der klassischen PSTN-Telefonie gepresst werden könne. "Wir befürchten, es könnte der Innovation hinderlich sein, wenn alle gezwungen werden, öffentliche Telefonnetzbetreiber nach den entsprechenden Regeln zu sein." Auch die EU-Kommission, die Ende des Jahres Richtlinien für die Behandlung von VoIP in Europa vorbereiten will, favorisiert einen liberalen Zugang. "Liberal in Blick auf die Regulierung, aber nicht in Bezug auf die Ermahnung der nationalen Regulierer, daran zu denken, dass wir einen einheitlichen Zugang in Europa brauchen." Insofern sei VoIP auch ein Test für die Arbeit der Regulierer. (Monika Ermert) / (anw)