Volksgericht Internet?

Befragungen per Internet sind nicht neu, nun aber sollen erstmals Bürger ihre Meinung zu einer speziellen Entscheidung in einem Kriminalfall kundtun, berichtet ABC News.

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Von
  • Adolf Ebeling

Befragungen per Internet sind nicht neu, nun aber sollen erstmals Bürger ihre Meinung zu einer speziellen Entscheidung in einem Kriminalfall kundtun, berichtet ABC News.

Die Vorgeschichte: Am 5. November 1987 schlug US-Anwalt Joel Steinberg seine sechsjährige Adoptivtochter Lisa (die er monatelang wiederholt mißbraucht hatte) auf brutalste Weise, und während sie zu Hause starb, ging er unbekümmert mit Geschäftsfreunden essen und nahm anschließend noch Kokain zu sich. Verurteilt wurde Steinberg 1989 zu 25 Jahren Gefängnis.

Jetzt, acht Jahre später, könnte Steinberg vorzeitig auf freien Fuß gesetzt werden. Dazu trifft sich zwischen dem 16. und 19. Januar nächsten Jahres eine Kommission, die darüber zu entscheiden hat. Mit Empörung reagiert im Vorfeld einer möglichen Entlassung der New Yorker Generalstaatsanwalt Dennis C. Vacco. Um seiner Ablehnung mehr Gewicht zu verleihen, hat Vacco seit dem 20. Dezember 1997 auf seiner Web-Homepage (http://www.oag.state.ny.us/) eine Seite eingerichtet, auf der New Yorker Bürger ihre Meinung zur vorzeitigen Freilassung des verurteilten Mörders kundtun können. "Mehr als 100 EMails erreichen uns pro Stunde", erklärt Vaccos Sprecher Chris McKenna. Die "Bürgerseite" soll bis zum 12. Januar geöffnet bleiben und die Ergebnisse sodann der Kommission zugeleitet werden.

Vaccos Idee wird kein Einzelfall bleiben -- schon prophezeit man für die nächsten Monate eine Welle ähnlich gelagerter Fälle. (ae)