Vor 125 Jahren: Das Prinzip "Fern"-Sehen wird patentiert

Am 6. Januar 1884 erhielt der junge Erfinder Paul Nipkow ein Patent auf die Konzeption einer Vorrichtung zugesprochen, die er als elektrisches Teleskop bezeichnete - die Geburtsstunde des Fernsehens.

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Von
  • Detlef Borchers

Elektrisches Teleskop - Bild zur Patentschrift 30105

(Bild: Deutsches Fernsehmuseum Wiesbaden)

Heute vor 125 Jahren erhielt der junge Erfinder Paul Nipkow rückwirkend das Patent Nummer 30105 in der Klasse 21 (elektrische Apparate) auf die Konzeption einer Vorrichtung zugesprochen, die er als elektrisches Teleskop angemeldet hatte. Was später als Nipkow-Scheibe zur Frühgeschichte des Fernsehens gehörte, beschrieb Nipkow in einem Aufsatz im Jahr 1885 als Fortentwicklung des Kopiertelegraphen: "Es ist dies die Aufgabe, einen Apparat zu schaffen, der in ähnlicher Weise, wie das Telephon dem Ohre, dem Auge die Möglichkeit gebe, Dinge wahrzunehmen, die weit außerhalb seines natürlichen Wirkungskreises sich befinden." Die Nipkow-Scheibe übernahm dabei die Arbeit, ein Bild in Punkte zu zerlegen und nach Übertragung der Punktinformationen wieder zusammenzusetzen.

Nipkow, der das Patent mit finanzieller Unterstützung seiner späteren Ehefrau Sophie anmeldete, erkannte der rührseligen Saga nach am Heiligabend 1883, wie ein laufendes Bild mit einer rotierenden Scheibe und gestanzten Lochmasken in einzelne Bildpunkte zerlegt werden konnte. Sein auf den 6. Januar 1884 datiertes Patent brachte ihm jedoch kein Vermögen ein, da er es 1886 verfallen ließ. Die Bedeutung der Nipkow-Scheibe für das Fernsehen – dieser Begriff wurde erst 1890 von Eduard Liesegang erfunden – wurde erst nach dem ersten Weltkrieg deutlich, als Röhrenverstärker aufkamen und die Kommunikation revolutionierten. Nipkow selbst nahm im Alter die Arbeit an seiner Idee wieder auf, die wichtigen Verbesserungen stammten aber von John Logie Baird, dem Erfinder des Farbfernsehens.

In Deutschland wurde das Fernsehen von Siegmund Loewe, später von Manfred von Ardenne weiterentwickelt. Gegen diese nicht genehmen Forscher (Loewe war jüdisch, sein Schützling von Ardenne adelig) setzten die Nationalsozialisten auf das Bild vom arischen Fernsehpionier Nipkow. Die Instrumentalisierung von Nipkow ging so weit, dass der erste deutsche Fernsehsender nach ihm benannt wurde. Außerdem spielte die Nipkow-Scheibe bei den Fernsehaufnahmen von den Olympischen Sommerspielen 1936 eine wichtige Rolle. Nipkow selbst bekam als Ehren-Reichsrundfunkführer 1935 einen Fernseher geschenkt, seine Beerdigung wurde 1940 im Fernsehen übertragen.

Das Jubiläum der Patenterteilung, häufig als Geburtsstunde des Fernsehens bezeichnet, ist das erste in einem fernsehreichen Jubiläumsjahr. 1949 erteilte die amerikanische Besatzungsbehörde die Erlaubnis zur Wiederaufnahme der Fernsehforschung. 1959 kam der erste volltransistorisierte Fernseher auf den Markt (Sony). 1984 startete das Privatfernsehen mit Sat.1 (damals PKS) und RTL (im Volksmund Rammeln, Töten, Lallen genannt), 1989 das HDTV-Fernsehen im Rahmen des EU-Projekts Eureka. (Detlef Borchers) / (pmz)