Vor 20 Jahren: Urmel geht ins Netz

Heute vor 20 Jahren endete eine der spektakulärsten Hacker-Ermittlungen, die den Deutschen Markus Hess als Verantwortlichen für den so genannten "KGB-Hack" aufspürte.

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Von
  • Detlef Grell

Mit einer aufwendigen Fangschaltung wurde vor 20 Jahren der Hacker Markus Hess ermittelt, der unter dem Decknamen "Urmel" vor allem in amerikanische Rechner-Systeme eingebrochen war. Die dabei entwendeten Dateien zum Aufbau des neuen amerikanischen Raketenabwehrsystems SDI hatte Hess mit einer Gruppe von Hackern an den russischen Geheimdienst KGB zu verkaufen versucht, weshalb in deutschen Annalen vom KGB-Hack die Rede ist.

Auslöser der nach Presseberichten nicht genehmigten Fangschaltung war ein Differenzbetrag von 75 Cents in einer Abrechnung über die Computernutzung, den Clifford Stoll, ein Systemadministrator am Lawrence Berkeley Laboratory, aufklären sollte. Stoll konnte die 75 Cents für die Rechenzeit einem Account zuordnen, der sich mit 1200 Baud über das paketorientierte Vermittlungsnetz Tymnet in einen Vax-Rechner des Labors einloggte. Der gelernte Astronom startete eine Unteruchung, die er später im Hacker-Roman "Kuckucksei" literarisch verarbeitete. (Eine filmische Umsetzung liefert "23 – Nichts ist so, wie es scheint" mit der tragischen Geschichte einer Nebenfigur des KGB-Hacks.)

Stoll gelang es schließlich, die Spur des Hackers Urmel bis zu einem deutschen Vax-Rechner zu verfolgen, der vom Fachbereich Informatik der Universität Bremen betrieben wurde. In diesen Rechner loggte sich jemand per Akustikkoppler über das Telefonnetz ein. Um seine Identität zu lüften, musste eine Fangschaltung gelegt werden. Beim damaligen Stand der Technik benötigten die Mitarbeiter der deutschen Post eine Stunde, um einen Anschluss zu ermitteln.

Also kreierte Stoll eine Monsterdatei mit gefälschten Informationen, die er SDINET nannte. Am 16. Januar 1987 versuchte sich der Hacker erstmals am Download dieser Datei. Die Fangschaltung funktionierte, führte aber zu einer öffentlichen Telefonzelle in Hannover. Stoll musste die Datei sperren. Erst beim dritten Versuch am 23. Juni 1987 klappte es: Urmel wählte sich von einem Festanschluss aus ein, der Markus Hess zugeordnet werden konnte. Um 18.30 MEZ durchsuchten Kriminalbeamte die Wohnung und den Arbeitsplatz von Hess und beschlagnahmten Magnetbänder und 250 Disketten.

Laut der englischen Wikipedia arbeitet Markus Hess heute als Programmierer. Clifford Stoll ist angeblich Hausmann und verkauft selbst gefertigte "Klein Bottles", also Kleinsche Flaschen. (gr)