WIPO-Vertrag zu neuen Rundfunkrechten steht auf der Kippe

Für den seit Jahren bei der UN-Organisation für geistiges Eigentum diskutierten Broadcasting Treaty zeichnet sich auch in der letzten Verhandlungsrunde noch keine Einigung ab.

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Von
  • Monika Ermert

Bis zum Ende der Woche muss ein Kompromiss stehen, ansonsten droht dem Broadcasting Treaty der World Intellectual Property Organisation (WIPO) das Aus. Auch nach zehn Jahren Diskussion herrscht bei der vorläufig letzten Verhandlungsrunde, die gestern in Genf begann, unter den WIPO-Mitgliedsstaaten weiter Uneinigkeit über die Notwendigkeit eines verbesserten Schutzes für die Rundfunk- und Kabelbetreiber.

Die nicht eben zahlreichen Befürworter sehen in dem Broadcasting Treaty eine angesichts der digitalen Verwertung – und der "Piraterie" – notwendige Ergänzung des "Rom-Abkommens" über den Schutz für ausübende Künstler, die Tonträgerindustrie und Sender. Die Gegner, darunter eine mächtige Allianz US-amerikanischer IT-Unternehmen wie Microsoft, Intel, AT&T und Google, warnen andererseits vor der Unschärfe zwischen dem Schutz des reinen Signals und dem Schutz der gesendeten Inhalte. Die Ableitung quasi urheberrechtlicher Exklusivrechte auf alles, was gesendet wird, würde auch zu Überschneidungen mit dem Urheberrecht führen.

Petra Buhr warnte für die Organisation IP-Justice zu Beginn der Verhandlungswoche noch einmal davor, neue Exklusivrechte zu gewähren. Der Chef des bei der WIPO verhandelnden Ständigen Ausschusses für Urheber- und verwandte Rechte (SCCR), Jukka Liedes, habe selbst eingeräumt, dass etwa Sportrechte praktisch immer schon urheberrechtlich geschützt seien. "Rundfunkbetreiber haben in diesem Fall alle Möglichkeiten, mit den Mitteln des internationalen Urheberrechts gegen Piraterie vorzugehen – auch gegen eine zeitversetzte Übertragung im Internet." Das gleiche gelte für alle Programminhalte, die von den Sendern selbst produziert würden oder für die Dritte die Rechte hätten. Das von den Sendern angeführte Piraterieproblem sei daher kaum durch ein neues Abkommen in den Griff zu bekommen.

Nichtregierungsorganisationen fürchten zudem, dass neue Rechte der Rundfunkunternehmen ein Problem für Podcaster darstellen könnten. Die Electronic Frontier Foundation (EFF) wies in ihrer Eingabe bei der WIPO auf mögliche Einschränkungen für den neu entstehenden Bürgerfunk im Netz hin; gerade auch weil noch unklar sei, ob der etablierte Rundfunk nicht ohnehin von diesen neuen Angeboten abgelöst werde. Die EFF überbrachte daher der WIPO auch einen Brief mit den Bedenken von rund 1500 Podcastern, die bereits früher gegen den Broadcasting Treaty zu Felde gezogen waren. Zusammen mit anderen Nichtregierungsorganisationen stellten EFF und IPJustice einmal mehr die Frage, ob ein neues Abkommen tatsächlich notwendig sei. EFF warnte unter anderem vor der Gefahr, dass technische Schutzmassnahmen nationale Ausnahmeregelungen für Bildung und Forschung aushebeln könnten.

Andererseits haben die Rundfunkbetreiber einen Vertrag mit zu eng eingegrenzten Rechten dankend abgelehnt, wie dem Textentwurf von Liedes zu entnehmen ist. Kommt es diese Woche nicht zu einer Einigung, könnte der für den Herbst anberaumte Termin für eine Vertragskonferenz platzen. (Monika Ermert) / (vbr)